Das Arbeits­recht zählt zu den wich­tigs­ten Rechts­ge­bie­ten des deut­schen Rechts.

BAG, Urt. v. 25.4.2023 - 9 AZR 253/22

BAG, Urt. v. 25.4.2023 – 9 AZR 253/​22

Sach­ver­halt
Die Klä­ge­rin ver­langt von der Beklag­ten die Zah­lung des gesetz­li­chen Min­dest­lohns für die Zeit vom 1. Janu­ar 2017 bis zum 30. Juni 2020. Die Beklag­te ist ein gemein­nüt­zi­ger Ver­ein mit dem Namen “Yoga V e.V.”, der sich der Leh­re und Aus­übung des Yoga in all sei­nen Aspek­ten wid­met. Der Ver­ein steht in der Tra­di­ti­on des indi­schen Arz­tes und Yoga­meis­ters Swa­mi S. und inte­griert sowohl klas­si­sche als auch moder­ne Ent­wick­lun­gen des Yoga. Der Ver­ein ver­folgt ver­schie­de­ne Zie­le, u.a. die Errich­tung von Yoga-Zen­tren und Semi­nar­häu­sern, die Bil­dung von Yoga-Gemein­schaf­ten, die Durch­füh­rung von Kur­sen, Work­shops und Semi­na­ren, die Aus­bil­dung im Bereich Yoga und ver­wand­ter Dis­zi­pli­nen sowie die Durch­füh­rung von For­schungs­ar­bei­ten über die Wir­kung von Yoga-Übungen.

Ent­schei­dung:
Im Mit­tel­punkt der Ent­schei­dung steht die Fra­ge, ob ein Mit­glied einer spi­ri­tu­el­len Gemein­schaft Arbeit­neh­mer ist. Das Gericht stell­te fest, dass dann, wenn eine Tätig­keit, die auf­grund der Ver­eins­mit­glied­schaft und zur För­de­rung des Ver­eins­zwecks erbracht wird, in ihrer Ver­bind­lich­keit einer arbeits­ver­trag­li­chen Pflicht gleich­kommt, von einem Arbeits­ver­hält­nis aus­zu­ge­hen ist, ins­be­son­de­re dann, wenn die beschäf­tig­te Per­son nicht wie ein Arbeit­neh­mer sozi­al abge­si­chert ist. Der gesetz­li­che Min­dest­lohn ist als unab­ding­ba­rer Min­dest­schutz auf der Ver­gü­tungs­ebe­ne zu gewähr­leis­ten. Eine spi­ri­tu­el­le Gemein­schaft, die nicht auf einem Min­dest­maß an Sys­tem­bil­dung und Welt­deu­tung beruht, hat weder das Recht, sich eine vom staat­li­chen Arbeits­recht aus­ge­nom­me­ne inne­re Ord­nung zu schaf­fen, noch kann sie sich auf das Selbst­be­stim­mungs­recht oder die kor­po­ra­ti­ve Reli­gi­ons­frei­heit berufen.

Ergeb­nis:
Nach sorg­fäl­ti­ger Prü­fung der vor­ge­leg­ten Bewei­se und Argu­men­te ent­schied das Bun­des­ar­beits­ge­richt, das Urteil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm vom 17. Mai 2022 auf­zu­he­ben. Das Gericht sah es als not­wen­dig an, den Fall zur erneu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Beru­fungs­ge­richt zurück­zu­ver­wei­sen, um sicher­zu­stel­len, dass alle Aspek­te des Fal­les gründ­lich geprüft werden.

Kün­di­gung wegen Äuße­rung in einer Chatgruppe

Am 24. August 2023 hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) unter dem Akten­zei­chen 2 AZR 17/​23 ein weg­wei­sen­des Urteil gefällt. In die­sem Urteil hat das Gericht klar­ge­stellt, dass Äuße­run­gen in pri­va­ten Chat­grup­pen arbeits­recht­li­che Kon­se­quen­zen haben kön­nen. Ins­be­son­de­re wur­de betont, dass men­schen­ver­ach­ten­de Äuße­run­gen nicht tole­riert wer­den und einen Kün­di­gungs­grund dar­stel­len kön­nen. Damit hat das BAG ein deut­li­ches Zei­chen gegen ras­sis­ti­sche und sexis­ti­sche Äuße­run­gen gesetzt.

Das Urteil ist von beson­de­rer Bedeu­tung, da es die Gren­zen zwi­schen pri­va­ten Äuße­run­gen und beruf­li­chen Kon­se­quen­zen defi­niert. Es zeigt, dass Arbeit­neh­mer auch im pri­va­ten Bereich ver­ant­wor­tungs­be­wusst han­deln müs­sen, da ihre Äuße­run­gen Aus­wir­kun­gen auf das Arbeits­le­ben haben kön­nen. Das Urteil unter­streicht auch die Bedeu­tung von Respekt und Tole­ranz im Arbeits­um­feld und macht deut­lich, dass pri­va­te Äuße­run­gen, die die­se Wer­te ver­let­zen, schwer­wie­gen­de Kon­se­quen­zen haben können.

Es ist daher rat­sam, stets dar­auf zu ach­ten, was man in pri­va­ten Chats und Grup­pen mit ande­ren teilt, um uner­wünsch­te arbeits­recht­li­che Kon­se­quen­zen zu ver­mei­den. Mit die­sem Urteil hat das BAG die Bedeu­tung von ethi­schem Ver­hal­ten und Inte­gri­tät im digi­ta­len Zeit­al­ter unter­stri­chen. In einer Zeit, in der Kom­mu­ni­ka­ti­on und Inter­ak­ti­on zuneh­mend online statt­fin­den, ist es uner­läss­lich, sich der Kon­se­quen­zen bewusst zu sein, die unan­ge­mes­se­nes Ver­hal­ten in die­sen Räu­men haben kann.

Dar­über hin­aus betont das Urteil die Ver­ant­wor­tung der Arbeit­ge­ber, für ein siche­res und respekt­vol­les Arbeits­um­feld zu sor­gen. Arbeit­ge­ber müs­sen sicher­stel­len, dass ihre Mit­ar­bei­ter über die Richt­li­ni­en und Erwar­tun­gen in Bezug auf Kom­mu­ni­ka­ti­on und Ver­hal­ten, sowohl online als auch off­line, infor­miert sind. Dazu gehört auch die Schu­lung und Sen­si­bi­li­sie­rung der Mit­ar­bei­ter in Bezug auf Dis­kri­mi­nie­rung, Beläs­ti­gung und ande­res unan­ge­mes­se­nes Verhalten.

Es ist auch wich­tig zu beto­nen, dass die­ses Urteil nicht bedeu­tet, dass die Pri­vat­sphä­re der Arbeit­neh­mer ver­letzt wird. Viel­mehr geht es dar­um, dass Arbeit­neh­mer auch im pri­va­ten Bereich die Wer­te und Grund­sät­ze ihres Arbeit­ge­bers und der Gesell­schaft als Gan­zes respek­tie­ren soll­ten. Das BAG hat klar­ge­stellt, dass zwar jeder das Recht auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung hat, die­ses Recht aber ins­be­son­de­re dann Gren­zen hat, wenn dadurch die Rech­te und das Anse­hen ande­rer ver­letzt werden.

Zusam­men­fas­send ist die­ses Urteil ein wich­ti­ger Schritt in Rich­tung eines respekt­vol­le­ren und inte­gra­ti­ve­ren Arbeits­um­felds. Es erin­nert uns alle dar­an, dass unse­re Wor­te und Taten, auch im pri­va­ten Bereich, Kon­se­quen­zen haben kön­nen und dass wir alle eine Rol­le bei der Schaf­fung eines posi­ti­ven und unter­stüt­zen­den Arbeits­um­felds spielen.

    Kei­ne Ver­zugs­scha­dens­pau­scha­le im Arbeitsrecht

    Muss der Arbeit­ge­ber, der mit Ent­gelt­zah­lun­gen in Ver­zug ist, an einen Arbeit­neh­mer, der ihn ver­klagt, auch die Ver­zugs­scha­dens­pau­scha­le i.H.v. 40,00 € gem. § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB zahlen?

    Ent­schei­dung:
    Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat sich in sei­ner Ent­schei­dung vom 25.9.2018–8 AZR 26/​18 gegen die Anwend­bar­keit von § 288 Abs. 5 S. 1 BGB im Arbeits­recht ausgesprochen.

    Nach § 12 Abs. 1 S. 1 ArbGG besteht in Urteils­ver­fah­ren des ers­ten Rechts­zugs kein Anspruch der obsie­gen­den Par­tei auf Ent­schä­di­gung wegen Zeit­ver­säum­nis und auf Erstat­tung der Kos­ten für die Hin­zu­zie­hung eines Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten oder Bei­stan­des. Nach die­ser stän­di­gen Recht­spre­chung des BAG ist nicht nur ein pro­zes­sua­ler, son­dern auch ein mate­ri­ell-recht­li­cher Kos­ten­er­stat­tungs­an­spruch unab­hän­gig von sei­ner Anspruchs­grund­la­ge aus­ge­schlos­sen und damit auch einen Anspruch auf Erstat­tung vor- bzw. außer­ge­richt­li­cher Kosten.

    Hier­an hält der 8. Senat unter Bezug­nah­me auf Wort­laut, Ent­ste­hungs­ge­schich­te und Zweck der Vor­schrift fest. § 12 Abs. 1 S. 1 ArbGG sei gegen­über § 288 Abs. 5 S. 1 BGB eine spe­zi­al­ge­setz­li­che Vorschrift.

    Ergeb­nis:
    Die Fra­ge ist, Ob mit die­ser Ent­schei­dung tat­säch­lich ein Schluss­punkt unter die Dis­kus­si­on des Ver­zugs­scha­dens im Arbeits­recht gesetzt wur­de. In der Wis­sen­schaft wer­den ent­ge­gen­ste­hen­de Auf­fas­sun­gen ver­tre­ten. Es wird daher abzu­war­ten sein, ob sich ein­zel­ne Kam­mern von Lan­des­ar­beits­ge­rich­ten im ach­ten Senat des BAG ent­ge­gen­stel­len und die Ver­zugs­pau­scha­le den­noch zuspre­chen und unter Umstän­den die Revi­si­on zulas­sen wer­den. Es könn­te dann zu einer Anru­fung des Gro­ßen Senats des BAG gemäß § 45 ArbGG kommen.

    BAG: Unan­ge­mes­se­ne Ver­län­ge­rung der Kündigungsfrist

    Die Ver­län­ge­rung der gesetz­li­chen Kün­di­gungs­frist des § 622 Abs. 1 BGB kann einen Arbeit­neh­mer auch dann i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ent­ge­gen den Gebo­ten von Treu und Glau­ben unan­ge­mes­sen benach­tei­li­gen, wenn die Kün­di­gungs­frist für den Arbeit­ge­ber in glei­cher Wei­se ver­län­gert wird.

    BAG Urt. v. 26.10.2017 – 6 AZR 158/​16

    Streit­punkt der vor­ste­hen­den Ent­schei­dung war eine Klau­sel im Arbeits­ver­trag eines Arbeit­neh­mers der eine Kün­di­gungs­frist von drei Jah­ren zum Monats­en­de vor­sah. Ursprüng­lich sah der Arbeits­ver­trag eine Kün­di­gungs­frist von vier Wochen zum Monats­en­de vor. Zwi­schen den Par­tei­en wur­de jedoch in einer Zusatz­ver­ein­ba­rung eine Gehalts­er­hö­hung von 50 % ver­ein­bart und zusätz­lich die Rege­lung auf­ge­nom­men, dass sich die gesetz­li­che Kün­di­gungs­frist für bei­de Sei­ten auf drei Jah­re zum Monats­en­de ver­län­ge­re. Der Arbeit­neh­mer hat jedoch sei­nen Arbeits­platz nicht mit der arbeits­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Kün­di­gungs­frist son­dern mit einer Frist von vier Wochen zum Monats­en­de gekün­digt. Die Arbeit­ge­be­rin klag­te gegen den Arbeit­neh­mer auf Fest­stel­lung, dass das Arbeits­ver­hält­nis fort­be­steht und die ver­län­ger­te ver­trag­li­che Kün­di­gungs­frist wirk­sam ver­ein­bart wor­den sei.

    Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat im vor­lie­gen­den Fall die Ver­län­ge­rung der gesetz­li­chen Kün­di­gungs­frist auf drei Jah­re zurück­ge­wie­sen, da die Ver­län­ge­rung der gesetz­li­chen Kün­di­gungs­frist den Arbeit­neh­mer ent­ge­gen den Gebo­ten von Treu und Glau­ben unan­ge­mes­sen gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benach­tei­li­ge. Der Arbeit­neh­mer wer­de in sei­ner beruf­li­chen Bewe­gungs­frei­heit unzu­mut­bar ein­ge­schränkt. Weder eine Arbeits­platz­ga­ran­tie, noch eine Arbeits­platz­ga­ran­tie noch eine Gehalts­er­hö­hung kön­ne die­sen Nach­teil aufwiegen.

    Die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts über­rascht. Denn aus § 622 Abs. 5 BGB und § 15 Abs. 4 TzBfG ergibt sich eine Höchst­gren­ze für die Bin­dung eines Arbeit­neh­mers von fünf­ein­halb Jah­ren. Im vor­lie­gen­den Fall wird die­se Gren­ze mit drei Jah­ren erheb­lich unter­schrit­ten. Im vor­lie­gen­den Fall ist jedoch auch der kon­kre­te Sach­ver­halt für die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts von Bedeu­tung. Denn der Arbeit­neh­mer hat­te zunächst nur knapp über dem Min­dest­lohn ver­dient und anschlie­ßend wur­de das Ent­gelt auf 2800 € brut­to erhöht. Dies reich­te dem Bun­des­ar­beits­ge­richt wie auch dem Lan­des­ar­beits­ge­richt als Kom­pen­sa­ti­on für die Ver­län­ge­rung der Kün­di­gungs­frist nicht aus.

    Ergeb­nis für die Pra­xis
    Im kon­kre­ten Fall wird es nun­mehr schwer, län­ge­re Kün­di­gungs­fris­ten zu ver­ein­ba­ren. Es muss in jedem Ein­zel­fall geprüft wer­den, wann eine unan­ge­mes­se­ne Benach­tei­li­gung des Arbeit­neh­mers vor­liegt. Wei­ter Infor­ma­tio­nen zum Kün­di­gungs­recht fin­den Sie hier.

    LAG Kiel 2017: Ver­dachts­kün­di­gung und Anhörung

    Will der Arbeit­ge­ber eine frist­lo­se Kün­di­gung wegen des Ver­dachts einer Pflicht­ver­let­zung aus­spre­chen, setzt dies vor­aus, dass der Arbeit­ge­ber dem Arbeit­neh­mer vor Aus­spruch der Kün­di­gun­gen zu den bestehen­den Ver­dachts­mo­men­ten ange­hört hat. Soll­te der Arbeit­ge­ber dem Arbeit­neh­mer kei­ne Mög­lich­keit geben, in einer Anhö­rung vor Aus­spruch der Kün­di­gung die Vor­wür­fe aus der Welt zu schaf­fen, ist die Ver­dachts­kün­di­gung unwirksam.
    Das Lan­des­ar­beits­ge­richt Kiel hat am 13.4.2018 ent­schie­den, dass eine Frist von Don­ners­tag­abend bis Mon­tag­mit­tag zur schrift­li­chen Stel­lung­nah­me zu kurz ist, wenn der Arbeit­neh­mer arbeits­un­fä­hig erkrankt ist und er wegen ande­rer Streit­punk­te von einem Anwalt ver­tre­ten wird, dem Anwalt das Anhö­rungs­schrei­ben aber nicht zuge­lei­tet wurde.

    Wenn ein Arbeit­ge­ber beab­sich­tigt, eine außer­or­dent­li­che und frist­lo­se Kün­di­gung aus ver­hal­tens­be­ding­ten Grün­den gegen den Arbeit­neh­mer aus­spre­chen, ist hier­zu eine Abmah­nung regel­mä­ßig nicht notwendig.

    Wenn der Arbeit­neh­mer sol­che Vor­wür­fe jedoch abstrei­tet, muss der Arbeit­ge­ber die Pflicht­ver­let­zung bewei­sen. In die­sem Fall hat er auch die Mög­lich­keit, eine frist­lo­se Kün­di­gung aus wich­ti­gem Grund auch auf einen Ver­dacht gegen den Arbeit­neh­mer zu stützen.

    Die Ver­dachts­kün­di­gung hat jedoch meh­re­re Vor­aus­set­zun­gen. Die ers­te Vor­aus­set­zung ist, dass der Tat­ver­dacht drin­gend sein muss. Zwei­tens muss der Arbeit­ge­ber vor Aus­spruch der Kün­di­gung den Sach­ver­halt best­mög­lich auf­ge­klärt haben. Dem Arbeit­neh­mer muss im Rah­men einer Anhö­rung Gele­gen­heit gege­ben wer­den, sich zu den Ver­dachts­mo­men­ten zu äußern. Ihm muss die Gele­gen­heit gege­ben wer­den, die Vor­wür­fe gegen sich zu ent­kräf­ten und damit sei­ne Unschuld zu beweisen.”

    Wie ist aber vor­zu­ge­hen, wenn sich der Arbeit­neh­mer nicht im Betrieb befin­det, weil er z.B. erkrankt ist oder Urlaub hat oder frei­ge­stellt wor­den? In die­sem Fall muss der Arbeit­ge­ber eine schrift­li­che Anhö­rung ver­fas­sen und die­se dem Arbeit­neh­mer nach Hau­se schi­cken. Ver­zö­ger­te Arbeit­ge­ber die Auf­klä­rung des Sach­ver­halts ist dies für ihn risi­ko­be­haf­tet. Wie lan­ge der Arbeit­ge­ber dem Arbeit­neh­mer­zeit geben muss, auf das Anhö­rungs­schrei­ben zu ant­wor­ten, ist weder im Gesetz gere­gelt noch gibt es hier­zu kla­re Regeln in der Rechtsprechung.

    Im Rechts­streit vor dem LAG befan­den sich Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer bereits in einem län­ge­ren Rechts­streit. Der Arbeit­neh­mer ließ sich durch einen Anwalt ver­tre­ten. Das Anhö­rungs­schrei­ben wur­de aber nur dem Arbeit­neh­mer und nicht dem Rechts­an­walt des Arbeit­neh­mers zuge­lei­tet. Im Übri­gen bei der Arbeit­neh­mer arbeits­un­fä­hig erkrankt. Die gesetz­te Anhö­rungs­recht war dem Lan­des­ar­beits­ge­richt daher zur kurz. Eine Stel­lung­nah­me Frist von einer Woche bis zehn Tagen dürf­te in einem sol­chen Fall ange­mes­sen sein.

    Frist­lo­se Kün­di­gung für gele­gent­li­ches pri­va­tes Surfen?

    Arbeit­neh­mer kön­nen nicht auf­grund kurz­wei­li­gen pri­va­ten Sur­fens im Büro frist­los ent­las­sen wer­den, solan­ge sie unver­fäng­li­che Sei­ten auf­ge­ru­fen haben.

    Eine Büro­kauf­frau erhielt die frist­lo­se Kün­di­gung. Als Kün­di­gungs­grund war ihre pri­va­te Nut­zung des dienst­li­chen Inter­net­zu­gangs ange­ge­ben. Die Frau habe etwa eine Stun­de pro Monat pri­vat gesurft, und habe damit ihre Pflich­ten aus dem Arbeits­ver­trag gra­vie­rend ver­letzt, befand der Arbeit­ge­ber. Die Frau sah in ihrem kurz­wei­li­gen Sur­fen jedoch kei­nes­falls eine schwe­re Ver­let­zung ihrer Pflich­ten und zog vor Gericht.

    Mit Erfolg. Auch die Rich­ter sahen in dem Fehl­ver­hal­ten der Frau kei­nen aus­rei­chen­den Grund für eine frist­lo­se Kün­di­gung. Sie wie­sen viel­mehr dar­auf hin, dass ohne vor­he­ri­ges Ver­bot und

    Abmah­nung eine gra­vie­ren­de Pflicht­ver­let­zung nur vor­liegt wenn erheb­lich mehr pas­siert ist. Mit­ar­bei­ter müss­ten etwa gro­ße Men­gen von Daten aus dem Inter­net her­un­ter­la­den und den Fir­men-PC dabei der Gefahr einer Viren­in­fi­zie­rung aus­set­zen oder dem Arbeit­ge­ber müss­ten durch das pri­va­te Sur­fen wei­te­re Kos­ten ent­ste­hen, es müs­se in beträcht­li­chem zeit­li­chen Umfang gesurft wer­den, oder Sei­ten mit straf­ba­ren oder por­no­gra­fi­schen Inhal­ten besucht wer­den. Das Gericht stell­te auch fest, dass selbst wenn eine Abmah­nung aus­ge­spro­chen wur­de Sur­fen in gerin­gem zeit­li­chen Umfang kei­ne frist­lo­se Kün­di­gung recht­fer­tigt. Der Arbeit­ge­ber konn­te sich mit die­ser Begrün­dung also nicht von sei­ner Mit­ar­bei­te­rin trennen.

    Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz, Urteil vom 02.03.2006 – 4 Sa 958/​05

    TIPP:

    Ein wenig Sur­fen kann – wie kur­ze Ziga­ret­ten­pau­sen und maß­vol­les pri­va­tes Tele­fo­nie­ren vom Dienst­ap­pa­rat – kein aus­rei­chen­der Grund für eine frist­lo­se Kün­di­gung sein. Soll­te das Ver­hal­ten jedoch bereits ein­mal abge­mahnt wor­den sein, kann die Situa­ti­on wie­der ganz anders aussehen.

     

    Außer­or­dent­li­che Kün­di­gung und Trunkenheitsfahrt

    Das Arbeits­ge­richt Düs­sel­dorf muss­te über die außer­dienst­li­che Trun­ken­heits­fahrt eines Auto­ver­käu­fers und die sich dar­an anschlie­ßen­de außer­or­dent­li­che Kün­di­gung entscheiden.

    Nach dem Arbeits­ge­richt Düs­sel­dorf wird ein Ver­hal­ten kün­di­gungs­re­le­vant, wenn es sich kon­kret inner­be­trieb­lich aus­wirkt, ins­be­son­de­re, wenn er die Pflich­ten des § 241 Abs. 2 BGB verletzt.

    Eine Trun­ken­heits­fahrt ist nicht wegen der Ver­fol­gung eines Die­bes gerecht­fer­tigt. Ins­be­son­de­re unter Berück­sich­ti­gung von frü­he­ren Trun­ken­heits­fahr­ten bestehen an der Zuver­läs­sig­keit und Eig­nung des Arbeit­neh­mers als Sport­wa­gen­ver­käu­fers nach Auf­fas­sung des Gerich­tes Zweifel.

    Wenn der Ruf und das Anse­hen des Arbeit­ge­bers betrof­fen ist, kann auch ein pri­va­tes Ver­hal­ten nicht als rein außer­dienst­lich bewer­tet werden.

    ArbG Düs­sel­dorf, Urt. v. 12.07,2016 – 15 Ca 1769/​16

     

    Aktu­el­le Nachrichten

    zum Arbeits­recht