Pfändung einer Abfindung: konkrete Berechnung
Pfändung einer Abfindung. Wieviel darf der Schuldner behalten?
Gerichtsurteile und Meldungen zum Rechtsbereich der Verbraucherinsolvenz
Pfändung einer Abfindung. Wieviel darf der Schuldner behalten?
Der Kläger, dessen Insolvenz beendet und der die Restschuldbefreiung erhalten hatte, verlangte von der Schufa die Löschung eines Insolvenzhinweises nach 6 Monaten und nicht erst nach 3 Jahren. Das Landgericht Frankfurt gab ihm Recht.
Im Jahre 2011 wurde über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger erhielt im Jahre 2018 seine Restschuldbefreiung. Er holte über sich selber eine SCHUFA Bonitätsauskunft ein. Er musste feststellen, dass dort auch nach Ablauf von sechs Monaten der Eintrag: “Restschuldbefreiung erteilt“enthalten war. Nachdem der Kläger Widerspruch eingelegt hatte, weigerte sich die Beklagte diesen Eintrag zu entfernen. Zusätzlich beantragte der Kläger unter anderem Schmerzensgeld. Das Landgericht Frankfurt gab der Klage zumindest im Bezug auf die Löschung des Eintrags statt. Der Schmerzensgeldanspruch wurde zurückgewiesen.
Das Landgericht Frankfurt (AZ: 2–05 O 151/18) hat festgestellt, dass dem Kläger ein Anspruch auf Löschung der Eintragung über seine Restschuldbefreiung zusteht. Dies ergebe sich aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. c, 1.Vari. i.V.m. Art. 21 Abs. 1 der Verordnung EU 2016/679 des europäischen Parlaments und des Rats vom 27. 4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung Personendaten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Herr L 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung).
Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung richtet sich nach Art. 6 DSGVO. Im vorliegenden Fall war fraglich, ob die von der Beklagten Verhaltensregel, die Eintragung taggenau nach drei Jahren zu löschen in Abwägung mit den konkreten Interessen des Klägers über wiegt.
Hierzu stellte das Gericht fest, dass es nicht Zweck der Erteilung der Restschuldbefreiung sei, dass der Schuldner wieder im Wirtschaftsleben teilnehmen kann, als ob es das Insolvenzverfahren nie gegeben hätte. Daher kann der Kläger nicht verlangen, einer Person gleichgestellt zu werden, die niemals von einer Insolvenz betroffen war. Für potentielle Geschäftspartner eines Schuldners sei es im Rahmen der Bonitätsprüfung wichtig zu erfahren, ob bei einem Schuldner die Gefahr besteht, wieder insolvent zu werden. Für die Einschätzung einer solchen Gefahr könne die Erteilung der Restschuldbefreiung ein nicht unerhebliches Indiz sein (vgl.auch OLG Frankfurt vom 14.12.2015–1 U 128/15). Daher sei es nicht unverhältnismäßig, die Information über die Restschuldbefreiung über drei Jahre zu speichern, da dies eine zulässige Warnfunktion erfülle.
Im konkreten Fall konnte der Kläger jedoch dartun, dass seine persönlichen Interessen überwiegen. So konnte der Kläger unter anderem darlegen, dass die Eintragung seine weitere Erwerbstätigkeit, er hatte bereits eine GmbH gegründet, und auch die Wohnungssuche aufgrund des Eintrags für ihn zu erheblichen, konkret dargelegten Schwierigkeiten geführt hat. Er hat im Verfahren erklärt, dass ihm seine berufliche Weiterentwicklung als auch die Wohnungssuche durch den Eintrag erheblich behindert werden. Dies überzeugte das Gericht. Daher gab es dem Anspruch auf Löschung nach Art. 17 Abs. 1 Buchst. c DSGVO statt. Einen Anspruch auf Schmerzensgeld hingegen lehnte das Gericht ab.
Bei dem durch das Landgericht Frankfurt entschiedenen Fall handelt es sich um einen Ausnahmefall. Jedoch hat das Gericht bestätigt, dass es Gründe des Schuldners geben kann, die einer Speicherung des Insolvenzvermerks über drei Jahre hinaus nach der Erteilung der Restschuldbefreiung dem Eintragungsinteresse der SCHUFA widersprechen können. Dies kann aber jeweils nur im konkreten Einzelfall entschieden werden.
Kann man bei einer Obliegenheitsverletzung den Restschuldbefreiungsantrag noch zurücknehmen?
Diese Frage hatte der BGH zu entscheiden.
Rechtslage:
Der Schuldner kann einen Antrag auf Restschuldbefreiung in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 1 ZPO jedenfalls dann nicht mehr ohne Einwilligung zurücknehmen, wenn er die Rücknahme erklärt, nachdem ein Insolvenzgläubiger gemäß § 289 Abs. 1, § 290 InsO im Schlusstermin oder innerhalb der vom Insolvenzgericht im schriftlichen Verfahren für die Versagungsantragstellung gesetzten Frist einen zulässigen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt und das Insolvenzgericht dem Schuldner hierauf die Restschuldbefreiung versagt hat (BGH, Beschluss vom 22. September 2016 – IX ZB 50/15, WM 2016, 2315 Rn. 10 ff). Spätestens ab diesem Zeitpunkt haben die Gläubiger einen Anspruch darauf, dass sich der Schuldner, dessen Unredlichkeit mit der abschlägigen Entscheidung festgestellt ist, nicht dem Verfahren entzieht und die Ergebnisse der Anhörung zu seinem Restschuldbefreiungsantrag durch dessen Rücknahme zunichtemacht. Spätestens ab der Entscheidung über den Versagungsantrag überwiegt ihr Interesse an der Versagung das Interesse des Schuldners, über seinen Antrag frei disponieren zu können (BGH, aaO Rn. 12 aE). Anderenfalls erhielte der Schuldner die Möglichkeit, einer sachlich berechtigten Versagung nachträglich den Boden zu entziehen (BGH, aaO Rn. 13 aE). Zudem besteht ein schutzwürdiger Anspruch der Gläubiger darauf, dass es bei einer sachlich berechtigten Versagung der Restschuldbefreiung bleibt, weil diese eine Antragssperre nach sich zieht.
Entscheidung:
Im Streitfall hatte das Insolvenzgericht zwar noch nicht über den Versagungsantrag entschieden, als der Schuldner die Rücknahme seines Antrags auf Restschuldbefreiung erklärte. Die Gründe für die Verneinung einer Antragsrücknahmemöglichkeit für den Schuldner gelten gelten aber auch dann, wenn die Restschuldbefreiung aufgrund des von einem Gläubiger in dem gemäß § 300 Abs. 1 InsO zur Anhörung anberaumten Termin oder innerhalb der stattdessen gesetzten Erklärungsfrist gestellten zulässigen Versagungsantrags nach § 296 Abs. 1, § 295 Abs. 1 InsO zu versagen ist und nur noch eine entsprechende Entscheidung des Insolvenzgerichts aussteht. Auch in diesem Fall überwiegt das Interesse des Gläubigers an einer gerichtlichen Entscheidung über seinen Versagungsantrag. Ist eine Restschuldbefreiung gemäß § 300 Abs. 2, § 296 Abs. 1, § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO zu versagen, ist der Schuldner nach § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO für eine Dauer von zehn Jahren und nach § 287a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO in der ab dem 1. Juli 2014 geltenden Fassung für die Dauer von drei Jahren an der erneuten Stellung eines Restschuldbefreiungsantrags gehindert. Dieses auf eine sachliche Entscheidung gerichtete Interesse des Gläubigers ist rechtlich geschützt, weil die Restschuldbefreiung nach dem Willen des Gesetzgebers nur dem sich redlich und gläubigerfreundlich verhaltenden Schuldner zuteilwerden und auf Antrag eines Gläubigers unter anderem dann ausgeschlossen sein soll, wenn dem Schuldner bis zum Ablauf der Wohlverhaltensperiode oder im Anhörungstermin zur Restschuldbefreiung ein illoyales Verhalten zur Last fällt. Demgegenüber ist das Interesse des Schuldners nachrangig, der zu erwartenden Sanktion durch eine Antragsrücknahme die Grundlage zu entziehen und das im ersten Durchgang für ihn absehbar negativ verlaufende Verfahren anschließend unmittelbar wiederholen zu können.
Das Amtsgericht Aurich hat entschieden, dass auch für den Fall, das Gerichtskosten infolge der Stundung noch offenstehen, eine beantrage Restschuldbefreiung sofort zu erteilen ist.
AG Aurich, Beschl. v. 6. 12. 2016 – 9 IK 55/16:
“Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschl. v. 26.2.2016 eröffnet. Die Kosten des Verfahrens sind mit Beschluss vom gleichen Tag bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet, § 4a InsO.
Der Schuldnerin ist antragsgemäß Restschuldbefreiung zu erteilen, da keine Forderung angemeldet wurde. Der einzigen im Forderungsverzeichnis aufgeführten Gläubigerin wurde durch den Insolvenzverwalter die Aufforderung zur Anmeldung am 20.4.2016 zugestellt. Eine Anmeldung ist nicht erfolgt.
Die Restschuldbefreiung ist sofort zu erteilen, da im Restschuldbefreiungsverfahren eine Ausschüttung evtl. pfändbarer Bezüge mangels festgestellter Forderungen nicht erfolgen wird. Es ist somit sinnlos, die Schuldnerin eine “Wohlverhaltensphase” durchlaufen zu lassen, in der kein Insolvenzgläubiger befriedigt würde. Hier hat eine teleologische Reduktion des gesamten Verfahrens zu erfolgen. Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens ist die gemeinschaftliche Befriedigung der Insolvenzgläubiger. Zudem soll dem redlichen Schuldner im sich anschließenden Restschuldbefreiungsverfahren Gelegenheit gegeben werden, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien, § 1 InsO.
Im Anschluss an die zitierte Entscheidung ist in Literatur und Rechtsprechung die Auffassung vertreten worden, dass auch bei offenen Gerichtskosten die Restschuldbefreiung sofort erteilt werden kann
Die Kosten des Verfahrens sind nach § 4a InsO schließlich bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung zu stunden.
Dieser Auffassung hat sich seinerzeit auch das erkennende Gericht angeschlossen, weil es sinnlos ist, jährliche Kosten von 119 € für ein sinnentleertes Restschuldbefreiungsverfahren zu verursachen.
Mit Beschl. v. 29.4.2015 hat bereits das AG Göttingen (71 IK 99/14) festgestellt, dass in einem Verfahren, das nach dem 1.7.2014 beantragt wurde, sofort Restschuldbefreiung zu erteilen ist, wenn kein Gläubiger eine Forderung angemeldet hat und die Kosten des Verfahrens gestundet sind. Auch das Insolvenzgericht Aurich hat unter den gleichen Voraussetzungen Restschuldbefreiung sofort erteilt, Beschl. v. 20.11.2015.
Zwar hat der BGH mit Beschl. v. 22.9.2016 (IX ZB 29/16,7) entschieden, dass die Verfahrenskosten gezahlt sein müssten, diese Entscheidung ist allerdings abzulehnen. Würde diese Entscheidung auf den hier vorliegenden Fall angewendet, so verursachte man dadurch zusätzliche (und unnütze) Kosten für die Vergütung des Treuhänders, zahlbar aus der Landeskasse i.H.v. 714 €.
Diese Vergütung müsste nach Erteilung der Restschuldbefreiung zusätzlich zu den bereits entstandenen Verfahrenskosten von der Schuldnerin getragen werden, soweit nicht die Voraussetzungen für eine weitere Stundung gem. § 4b Abs. 1 InsO vorliegen. Auch im Hinblick darauf, dass die Landeskasse durch die gesetzliche Neuregelung entlastet werden soll, erscheint dieses Ergebnis fraglich.
Durch die sofortige Erteilung der Restschuldbefreiung entsteht der Landeskasse auch kein Schaden, da sich die Nachhaftungsphase der Schuldnerin unmittelbar anschließt.
Diese Begründung trifft auch auf Verfahren zu, die nach dem 1.7.2014 beantragt sind. Gem. § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO ist der Schuldnerin auf ihren Antrag sofort die Restschuldbefreiung zu erteilen, wenn kein Insolvenzgläubiger im Schlussverzeichnis enthalten ist.”
Stellungnahme
Bei dieser Entscheidung handelt es sich um einen besonderen Fall der sofortigen Erteilung der Restschuldbefreiung.
Weitere Informationen zur Restschuldbefreiung finden Sie hier: => Restschuldbefreiung
Sind Kindesunterhaltsansprüche bereits tituliert worden, kann der Gläubiger im Insolvenzverfahren die Feststellung beantragen, dass die Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung stammen. Dieser Anspruch verjährt auf Grund der Titulierung der Unterhaltsansprüche erst in 30 Jahren.
Die Stadt hat gegen einen Vater Unterhaltsansprüche per Vollstreckungsbescheid geltend gemacht. Der Vater beantragte das Verbraucherinsolvenzverfahren. Die Stadt meldete Ihre Ansprüche an, aber auch als Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung. Dies wurde vom Vater jedoch bestritten. Die Stadt musste eine Feststellungsklage erheben. Die Sache ging bis zum OLG.
Beim OLG wurde entschieden, dass es sich zu Recht um Forderungen aus vorsätzlich unerlaubter Handlung handelt. Der Vater konnte der Annahme aus vorsätzlich unerlaubter Handlung nichts entgegensetzen (§ 823 II BGB iVm § 170 StGB). Eine Leistungsunfähigkeit des Vaters bestand nicht. Hierzu wurde nichts konkretes vorgetragen. (OLG Koblenz, Beschluss vom 30.07.2014 – 13 UF 271/14)
Fazit:
Wer eine solche Feststellungsklage verliert, hat ein Problem. Die Schulden fallen nicht in die Restschuldbefreiung und am Ender der Insolvenz steht keine vollständige Schuldenfreiheit. Also muss man sich mit allen rechtlichen Möglichkeiten gegen die Feststellungsklage wehren, wenn man mit dieser konfrontiert wird.
Im Rahmen einer privaten Insolvenz hat der Schuldner mit der geeigneten Stelle den Gläubigern einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan vorzulegen. Ein Vergleich mit den Gläubigern kommt außergerichtlich dann zustande, wenn alle Gläubiger dem vorgeschlagenen Plan zustimmen. Dies ist selten der Fall, es kommt aber vor, dass zwar einige Gläubiger ablehnen, aber auf der anderen Seite mehrere Gläubiger zustimmen und ein Vergleich in greifbarer Nähe ist. Haben mehr als die Hälfte der Gläubiger und Gläubiger mit mehr als 50% der Forderungen dem Vergleich außergerichtlich zugestimmt, ist zwar der Vergleich außergerichtlich gescheitert, da im Rahmen der außergerichtlichen Schuldenbereinigung alle Gläubiger zustimmen müssen, damit ein Vergleich zustande kommt. Der Schuldner kann jetzt jedoch einen Insolvenzantrag stellen und im Rahmen der gerichtlichen Schuldenbereinigung ein Zustimmungsersetzung der nichtzustimmenden Gläubiger beantragen.
Hier war bisher streitig, ob im Rahmen der gerichtlichen Schuldenbereinigung ein Nullplan insbesondere ohne Besserungsklausel ausreicht. Nach der aktuellen Entscheidung des BGH ist der Schuldner zur Aufnahme einer Besserungsklausel nicht verpflichtet. Es ist Sache der Gläubiger , der Zustimmungsersetzung entgegenstehende Gesichtspunkte vorzutragen. Künftige Änderungen der wirtschaftlichen Lage sind daher nur dann zu berücksichtigen, wenn sie absehbar sind, von den Gläubigern vorgetragen und glaubhaft gemacht worden sind. Behaupten die Gläubiger eine Schlechterstellung durch den Schuldenbereinigungsplan, dann müssen die Gläubiger eine Vergleichsberechnung vorlegen, aus der sich die Schlechterstellung konkret ergibt. Die reine Spekulation, der Schuldner könnte ja höheres Einkommen während der Planlaufzeit erlangen, reicht nicht aus.
BGH, Beschluss vom 10.10.2013 – IX ZR 97/12
Pressemitteilung des BGH vom 17.12.2013
Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Unwirksamkeit einer Entgeltklausel für die Nacherstellung von Kontoauszügen gegenüber Verbrauchern bestätigt.
Der klagende Verbraucherschutzverband nimmt die beklagte Bank auf Unterlassung der Verwendung folgender Klausel in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis gegenüber Verbrauchern in Anspruch:
“Nacherstellung von KontoauszügenPro Auszug15,00 EUR”.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben. Der XI. Zivilsenat hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der beklagten Bank zurückgewiesen.
Die Klausel, die nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB* der Inhaltskontrolle unterliegt, ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Sie wird den Vorgaben des § 675d Abs. 3 Satz 2 BGB** nicht gerecht, demzufolge das Entgelt für die Nacherstellung von Kontoauszügen unter anderem in dem hier gegebenen Fall von § 675d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB an den tatsächlichen Kosten der Bank ausgerichtet sein muss.
Die beklagte Bank hat vorgetragen, für die Nacherstellung von Kontoauszügen, die in mehr als 80% der Fälle Vorgänge beträfen, die bis zu sechs Monate zurückreichten, fielen aufgrund der internen Gestaltung der elektronischen Datenhaltung Kosten in Höhe von (lediglich) 10,24 € an. In den übrigen Fällen, in denen Zweitschriften für Vorgänge beansprucht würden, die länger als sechs Monate zurücklägen, entstünden dagegen deutlich höhere Kosten.
Damit hat sie selbst bei der Bemessung der tatsächlichen Kosten eine Differenzierung zwischen Kunden, die eine Nacherstellung vor Ablauf der Sechsmonatsfrist begehren, und solchen, die nach Ablauf der Sechsmonatsfrist eine erneute Information beanspruchen, eingeführt und belegt, dass ihr eine Unterscheidung nach diesen Nutzergruppen ohne weiteres möglich ist. Sie hat weiter, ohne dass es im Einzelnen auf die Einwände des klagenden Verbraucherschutzverbandes gegen die Kostenberechnung ankam, dargelegt, dass die weit überwiegende Zahl der Kunden deutlich geringere Kosten verursacht als von ihr veranschlagt. Entsprechend muss sie das Entgelt im Sinne des § 675d Abs. 3 Satz 2 BGB für jede Gruppe gesondert bestimmen. Die pauschale Überwälzung von Kosten in Höhe von 15 € pro Kontoauszug auf alle Kunden verstößt gegen § 675d Abs. 3 Satz 2 BGB.
Der XI. Zivilsenat hat überdies entschieden, dass die inhaltlich sowie ihrer sprachlichen Fassung nach nicht teilbare Klausel nicht teilweise aufrechterhalten werden kann. Das widerspräche dem in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten Verbot der geltungserhaltenden Reduktion.
Urteil vom 17. Dezember 2013 – XI ZR 66/13
OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 23. Januar 2013 – 17 U 54/12
(veröffentlicht: ZIP 2013, 452)
LG Frankfurt am Main – Urteil vom 2. April 2012 – 2–19 O 409/11
Karlsruhe, den 17. Dezember 2013
* § 307 Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1.mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
** § 675d Unterrichtung bei Zahlungsdiensten
[…]
(3) Für die Unterrichtung darf der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsdienstnutzer nur dann ein Entgelt vereinbaren, wenn die Information auf Verlangen des Zahlungsdienstnutzers erbracht wird und der Zahlungsdienstleister
1.diese Information häufiger erbringt, als in Artikel 248 §§ 1 bis 16 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgesehen,
2. eine Information erbringt, die über die in Artikel 248 §§ 1 bis 16 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgeschriebenen hinausgeht, oder
3.diese Information mithilfe anderer als der im Zahlungsdiensterahmenvertrag vereinbarten Kommunikationsmittel erbringt.
Das Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein.
[…]
a)Der Aufhebungsgrund des § 4c Nr. 4 InsO reicht so weit wie der Versagungsgrund des § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Entsprechend § 296 Abs. 1 S. 1 InsO kann die Stundung nach § 4c Nr. 4 InsO nur aufgehoben werden, wenn der Schuldner es schuldhaft unterlassen hat, sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen.
b)Die unbestimmten Rechtsbegriffe der “angemessenen Erwerbstätigkeit” und der “zumutbaren Tätigkeit” sind nicht in Anlehnung an das Unterhaltsrecht und das Sozialrecht auszulegen.
BGH vom 13. September 2012 – IX ZB 191/11
Der arbeitslose Schuldner beantragte im Juli 2010, das Insolvenzverfahren über sein Vermögen zu eröffnen, ihm Restschuldbefreiung zu gewähren und ihm die Verfahrenskosten zu stunden. Das Insolvenzgericht gab dem Stundungsantrag statt. Es beauftragte einen Sachverständigen mit der Prüfung, ob der Schuldner zahlungsunfähig sei, die Verfahrenskosten gedeckt seien und der Schuldner seiner Erwerbsobliegenheit nachkomme. Im September 2010 schloss der Schuldner mit der Stadt Jena eine Eingliederungsvereinbarung, in der er sich verpflichtete, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten, und der Stadt im Monat jeweils vier Bewerbungen nachzuweisen. Entsprechend dieser Vereinbarung bewarb sich der Schuldner in der Zeit vom 17. September 2010 bis zum 26. Januar 2011 insgesamt 20mal ohne Erfolg. Der Sachverständige kam in seinem schriftlichen Gutachten zu dem Ergebnis, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist und die Kosten des Verbraucherinsolvenzverfahrens voraussichtlich nicht gedeckt sind. Weiter führte er aus, der Schuldner komme seiner Erwerbsobliegenheit nicht nach.
Das Insolvenzgericht hat die Stundung der Verfahrenskosten aufgehoben und den Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Schuldner die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erreichen.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6, 34 Abs. 1, § 4d Abs. 1 InsO, Art. 103 f EGInsO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und der Entscheidung des Insolvenzgerichts.
1.
Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss in ZInsO 2011, 1254 abgedruckt ist, hat ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Stundung der Verfahrenskosten nach § 4c Nr. 4 InsO lägen vor. Der Schuldner sei seiner Erwerbsobliegenheit nicht nachgekommen. Bei ihm handele es sich um einen 52 Jahre alten, voll arbeitsfähigen und örtlich ungebundenen Handwerker mit auch kaufmännischer Erfahrung, der niemandem zu Unterhalt oder Fürsorge verpflichtet sei. Deswegen sei es ihm zuzumuten, sich überregional um eine Vollzeitarbeitsstelle zu bemühen. Die nachgewiesenen 20 Bewerbungen in gut vier Monaten genügten diesen Anforderungen nicht. Das Insolvenzgericht habe im Internet hunderte für den Schuldner geeignete Stellen gefunden, die ihm ein Einkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenzen ermöglicht hätten. Der Schuldner hätte von diesen Angeboten wenigstens 20 monatlich zum Gegenstand ernsthafter schriftlicher Bewerbungen machen müssen. Auch wenn er die Bedingungen der Integrationsvereinbarung eingehalten habe, reiche dies nicht im Sinne von § 4c Nr. 4 InsO aus. Das Maß der geschuldeten Erwerbsbemühungen richte sich nach § 1574 Abs. 2 BGB und der dazu ergangenen Rechtsprechung. Ein erwerbsloser Schuldner habe alle nur denkbaren Anstrengungen zur Erlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit zu unternehmen und dabei die Zeit aufzuwenden, die ein Erwerbstätiger aufwende. Deswegen müsse sich ein Schuldner wöchentlich mindestens 35 Stunden lang mit der ernsthaften und rückhaltlosen Suche nach einem Arbeitsplatz beschäftigen. Daher sei auch die Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse unbegründet.
2.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Weiterlesen
Nach dem AG Essen ist ein zweiter Insolvenzantrag des Schuldners ohne Ablauf einer Sperrzeit zulässig, wenn der erste Insolvenzantrag nur deswegen gem. § 305 Abs. 3 S. 2 InsO gilt, weil der Schuldner entgegen § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht innerhalb der letzten 6 Monate vor der Stellung des Eröffnungsantrages erfolglos eine außergerichtliche Einigung mit seinen Gläubigern versucht hat.
AG Essen, Beschl. vom 22.06.2012 – 166 IK 79/12