Archiv für das Monat: Juli, 2011

Gerichtsurteil

Ver­sa­gung der Restschuldbefreiung

Der Schuld­ner hat­te nach Auf­for­de­rung des Treu­hän­ders kei­ne Aus­kunft über sein Ein­kom­men erteilt. Auf die erneu­te Auf­for­de­rung des Amts­ge­rich­tes hin, hat­te die­ser erneut die Aus­kunft nicht abge­ge­ben. Das Amts­ge­richt ver­sag­te dar­auf­hin die Rest­schuld­be­frei­ung und hob die Ver­fah­rens­kos­ten­stun­dung auf. Der Bun­des­ge­richts­hof hat nun ent­schie­den, dass die Ver­sa­gung der Rest­schuld­be­frei­ung rechts­wid­rig war. Nach dem ein­deu­ti­gen Geset­zes­wort­laut des §§ 296 Abs. 2 S. 1 InsO kann es eine Ver­sa­gung der Schuld­be­frei­ung ohne einen Gläu­bi­ger­an­trag nicht geben. Daher war dem Schuld­ner die Rest­schuld­be­frei­ung zu gewäh­ren und die Ver­sa­gung der Ver­fah­rens­kos­ten­stun­dung wie­der aufzuheben.
BGH 19.05.2011 – IX ZB 274/​10

BAG vom 16.12.2010 – 2 AZR 770/​09

zuletzt bear­bei­tet am: 6. Novem­ber 2022 von RA Dirk Tholl

Die Ent­schei­dung

BAG 16.12.2010 – 2 AZR 770/​09

2. Durch die unter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung auf den Abbau einer Hier­ar­chie­ebe­ne ver­bun­den mit einer Umver­tei­lung der dem betrof­fe­nen Arbeit­neh­mer bis­her zuge­wie­se­nen Auf­ga­ben hin­aus, muss der Arbeit­ge­ber genau erläu­tern, in wel­chem Umfang und auf­grund wel­cher Maß­nah­men die Tätig­kei­ten für den Arbeit­neh­mer zukünf­tig ent­fal­len. Er muss die Aus­wir­kun­gen sei­ner unter­neh­me­ri­schen Vor­ga­ben auf die zukünf­ti­ge Arbeits­men­ge anhand einer schlüs­si­gen Pro­gno­se dar­stel­len und ange­ben, wie die anfal­len­den Arbei­ten vom ver­blie­be­nen Per­so­nal ohne über­ob­li­ga­ti­ons­mä­ßi­ge Leis­tun­gen erle­digt wer­den könne

BAG 16.12.2010 – 2 AZR 770/​09

Gerichtsurteil

Sperr­frist für Antrag auf Restschuldbefreiung

Im Novem­ber 2003 bean­trag­te der Schuld­ner die Eröff­nung sei­nes Ver­brau­cher­insol­venz­ver­fah­rens. Im Schluss­ter­min am 16.8.2004 bean­trag­te eine Gläu­bi­ge­rin, die Rest­schuld­be­frei­ung zu ver­sa­gen. Am 15.4.2005 nahm der Schuld­ner sei­nen Antrag auf Rest­schuld­be­frei­ung zurück. Das Insol­venz­ver­fah­ren wur­de am 12.1.2006 auf­ge­ho­ben. Am 10.4.2007 bean­trag­te der Schuld­ner erneut die Eröff­nung des Ver­brau­cher­insol­venz­ver­fah­rens über sein Ver­mö­gen, die Rest­schuld­be­frei­ung sowie die Stun­dung der Ver­fah­rens­kos­ten. Die Gläu­bi­ge­rin bean­trag­te, die Rest­schuld­be­frei­ung zu ver­sa­gen. Dies wur­de zunächst durch das Insol­venz­ge­richt und das Beschwer­de­ge­richt zurück­ver­wie­sen. Der Bun­des­ge­richts­hof gab dem Antrag auf Ver­sa­gung der Rest­schuld­be­frei­ung jedoch statt. Er stell­te fest, dass der Schuld­ner, der einen Antrag auf Rest­schuld­be­frei­ung zurück­nimmt, drei Jah­re war­ten muss­te, bis er einen wirk­sa­men Antrag auf Rest­schuld­be­frei­ung erneut stel­len kann.
BGH 12.05.2011 – IX ZB 221/​09

Gerichtsurteil

Beschäf­ti­gungs­zei­ten vor dem 25. Lebensjahr

In die Berech­nung der Beschäf­ti­gungs­dau­er im Sin­ne von § 622 Abs. 2 S. 1 BGB sind auch Zei­ten ein­zu­be­zie­hen, die vor Voll­endung des 25. Lebens­jah­res des Arbeit­neh­mers lie­gen. § 622 Abs. 2 S. 2 BGB ist mit Uni­ons­recht unver­ein­bar. Wegen des Anwen­dungs­vor­rangs des Uni­ons­rechts ist die Vor­schrift für nach dem 2.12.2006 erklär­te Kün­di­gung nicht anzuwenden.
BAG  09.09.2010 – 2 AZR 714/​08

Gerichtsurteil

Insol­venz­an­trag bei ding­li­cher Sicherung

Der Bun­des­ge­richts­hof hat sich erneut mit der Fra­ge aus­ein­an­der­ge­setzt, ob ein Insol­venz­an­trag eines ding­lich gesi­cher­ten Gläu­bi­gers zuläs­sig ist. Die Gläu­bi­ge­rin hat eine For­de­rung über 200.000 €, die durch eine Siche­rungs­grund­schuld gesi­chert sind. Der Schuld­ner war der Auf­fas­sung, eine dass die Gläu­bi­ge­rin nicht zur Insol­venz­an­trag­stel­lung berech­tigt war. Der Bun­des­ge­richts­hof hat fest­ge­stellt, dass nach § 14 Abs. 1 Insol­venz­ord­nung der Gläu­bi­ger ein recht­li­ches Inter­es­se an der Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens haben sowie sei­ne For­de­run­gen und den Eröff­nungs­grund glaub­haft machen muss. Ein recht­li­ches Inter­es­se an der Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens habe der Gläu­bi­ger wegen des staat­li­chen Voll­stre­ckungs­mo­no­pols bereits regel­mä­ßig dann, wenn ihm eine For­de­rung zusteht und ein Eröff­nungs­grund glaub­haft ist. Nur aus­nahms­wei­se besteht kein schüt­zens­wer­tes Inter­es­se an der Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens, wenn die For­de­rung des Gläu­bi­gers unzwei­fel­haft aus­rei­chend ding­lich gesi­chert ist.
Hier hat­te die Gläu­bi­ge­rin ein Inter­es­se an dem Insol­venz­an­trag. Das erst­in­stanz­li­che Gericht hat­te sich nicht hin­rei­chend mit einem Gut­ach­ten aus­ein­an­der­ge­setzt, nach­dem der Grund­stücks­wert nur noch 10.000 € betra­ge. Auch sei zu prü­fen, war­um das Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fah­ren aus­ge­setzt wor­den sei. Auch bestün­den für die Kos­ten­for­de­run­gen aus dem betrie­be­nen Zivil­ver­fah­ren des Schuld­ners Kos­ten­for­de­run­gen von 1800 €, für die kei­ne Sicher­hei­ten bestün­den. Die Sache wur­de daher an das Amts­ge­richt zurückgegeben.
BGH 05.05.2011 – IX ZB 251/​10

Gerichtsurteil

Gel­tend­ma­chung der Unkündbarkeit

Der Klä­ger hat eine Kün­di­gung erhal­ten. Nach dem Arbeits­ver­trag, unter Bezug­nah­me auf Arbeits­be­din­gun­gen der katho­li­schen Kir­che, war er unkünd­bar. Er mach­te dies jedoch nicht in ers­ter Instanz bis zum Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung gel­tend. Erst in der Beru­fung vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt kam er auf die Idee, die­sen Unwirk­sam­keits­grund der Kün­di­gung vor­zu­tra­gen. Grund­sätz­lich war die­ser Vor­trag ver­spä­tet! Der Klä­ger muss in einem Kün­di­gungs­schutz­pro­zess bis zum Ende der münd­li­chen Ver­hand­lung ers­ter Instanz alle Unwirk­sam­keits­grün­de gemäß § 6 KSchG vor­tra­gen. Den Klä­ger ret­te­te jedoch ein Ver­fah­rens­feh­ler des Arbeits­ge­richts. Die­ses hat­te auf die Pflicht zur Benen­nung aller Unwirk­sam­keits­grün­den bis zum Schluss der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung ers­ter Instanz nicht hin­ge­wie­sen. Daher konn­te sich der Klä­ger auch noch in der Beru­fung auf die Unwirk­sam­keit sei­ner Kün­di­gung wegen ordent­li­che Unkünd­bar­keit beru­fen. Auf­grund des Ver­fah­rens­feh­lers wur­de die Sache an das Arbeits­ge­richt zurück­ver­wie­sen. LAG Rhein­land-Pfalz 10.02.2011 – 2 Sa 557/​10

Gerichtsurteil

Kün­di­gung gegen­über Geschäftsunfähigem

Nach dem Bun­des­ar­beits­ge­richt geht eine gegen­über einem Geschäfts­un­fä­hi­gen abzu­ge­ben­de Wil­lens­er­klä­rung (hier Kün­di­gung) nur dann wirk­sam zu, wenn sie dem gesetz­li­chen Ver­tre­ter zugeht. Ein Zugang beim gesetz­li­chen Ver­tre­ter i.S.v. § 131 Abs. 1 BGB setzt vor­aus, dass die Wil­lens­er­klä­rung nicht nur zufäl­lig in des­sen Herr­schafts­be­reich gelangt ist, son­dern auch an ihn gerich­tet oder zumin­dest für ihn bestimmt ist. Die Wil­lens­er­klä­rung muss mit dem erkenn­ba­ren Wil­len abge­ge­ben wer­den, dass sie den gesetz­li­chen Ver­tre­ter erreicht.
BAG 28.10.2010 – 2 AZR 794/​09

Gerichtsurteil

Ver­schwei­gen eines Bankkontos

Der Schuld­ner eröff­ne­te einen Tag vor Insol­venz­an­trag­stel­lung ein Bank­kon­to, gab die­ses aber auch bei einer spä­te­ren Nach­fra­ge des Insol­venz­ge­rich­tes nicht an. Nach dem BGH ist das Ver­schwei­gen eines Bank­gut­ha­bens geeig­net, die Befrie­di­gung der Gläu­bi­ger zu beein­träch­ti­gen und sah durch die Nicht­an­ga­be des Bank­kon­tos die Vor­schrift des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO (Aus­kunft- oder Mit­wir­kungs­pflich­ten) als ver­letzt an. Der Schuld­ner hat daher kei­ne Kos­ten­stun­dung erhalten.
BGH 19.05.2011 – IX ZB 142/​11