Archiv für das Monat: Februar, 2019

Kei­ne Ver­zugs­scha­dens­pau­scha­le im Arbeitsrecht

Muss der Arbeit­ge­ber, der mit Ent­gelt­zah­lun­gen in Ver­zug ist, an einen Arbeit­neh­mer, der ihn ver­klagt, auch die Ver­zugs­scha­dens­pau­scha­le i.H.v. 40,00 € gem. § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB zahlen?

Ent­schei­dung:
Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat sich in sei­ner Ent­schei­dung vom 25.9.2018–8 AZR 26/​18 gegen die Anwend­bar­keit von § 288 Abs. 5 S. 1 BGB im Arbeits­recht ausgesprochen.

Nach § 12 Abs. 1 S. 1 ArbGG besteht in Urteils­ver­fah­ren des ers­ten Rechts­zugs kein Anspruch der obsie­gen­den Par­tei auf Ent­schä­di­gung wegen Zeit­ver­säum­nis und auf Erstat­tung der Kos­ten für die Hin­zu­zie­hung eines Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten oder Bei­stan­des. Nach die­ser stän­di­gen Recht­spre­chung des BAG ist nicht nur ein pro­zes­sua­ler, son­dern auch ein mate­ri­ell-recht­li­cher Kos­ten­er­stat­tungs­an­spruch unab­hän­gig von sei­ner Anspruchs­grund­la­ge aus­ge­schlos­sen und damit auch einen Anspruch auf Erstat­tung vor- bzw. außer­ge­richt­li­cher Kosten.

Hier­an hält der 8. Senat unter Bezug­nah­me auf Wort­laut, Ent­ste­hungs­ge­schich­te und Zweck der Vor­schrift fest. § 12 Abs. 1 S. 1 ArbGG sei gegen­über § 288 Abs. 5 S. 1 BGB eine spe­zi­al­ge­setz­li­che Vorschrift.

Ergeb­nis:
Die Fra­ge ist, Ob mit die­ser Ent­schei­dung tat­säch­lich ein Schluss­punkt unter die Dis­kus­si­on des Ver­zugs­scha­dens im Arbeits­recht gesetzt wur­de. In der Wis­sen­schaft wer­den ent­ge­gen­ste­hen­de Auf­fas­sun­gen ver­tre­ten. Es wird daher abzu­war­ten sein, ob sich ein­zel­ne Kam­mern von Lan­des­ar­beits­ge­rich­ten im ach­ten Senat des BAG ent­ge­gen­stel­len und die Ver­zugs­pau­scha­le den­noch zuspre­chen und unter Umstän­den die Revi­si­on zulas­sen wer­den. Es könn­te dann zu einer Anru­fung des Gro­ßen Senats des BAG gemäß § 45 ArbGG kommen.

SCHUFALÖSCHUNG 6 Mona­te nach Restschuldbefreiung

zuletzt bear­bei­tet am: 1. Novem­ber 2022 von RA Dirk Tholl

Der Klä­ger, des­sen Insol­venz been­det und der die Rest­schuld­be­frei­ung erhal­ten hat­te, ver­lang­te von der Schufa die Löschung eines Insol­venz­hin­wei­ses nach 6 Mona­ten und nicht erst nach 3 Jah­ren. Das Land­ge­richt Frank­furt gab ihm Recht.

Der Fall:

Im Jah­re 2011 wur­de über das Ver­mö­gen des Klä­gers das Insol­venz­ver­fah­ren eröff­net. Der Klä­ger erhielt im Jah­re 2018 sei­ne Rest­schuld­be­frei­ung. Er hol­te über sich sel­ber eine SCHUFA Boni­täts­aus­kunft ein. Er muss­te fest­stel­len, dass dort auch nach Ablauf von sechs Mona­ten der Ein­trag: “Rest­schuld­be­frei­ung erteilt“enthalten war. Nach­dem der Klä­ger Wider­spruch ein­ge­legt hat­te, wei­ger­te sich die Beklag­te die­sen Ein­trag zu ent­fer­nen. Zusätz­lich bean­trag­te der Klä­ger unter ande­rem Schmer­zens­geld. Das Land­ge­richt Frank­furt gab der Kla­ge zumin­dest im Bezug auf die Löschung des Ein­trags statt. Der Schmer­zens­geld­an­spruch wur­de zurückgewiesen.

Ent­schei­dung:

Das Land­ge­richt Frank­furt (AZ: 2–05 O 151/​18) hat fest­ge­stellt, dass dem Klä­ger ein Anspruch auf Löschung der Ein­tra­gung über sei­ne Rest­schuld­be­frei­ung zusteht. Dies erge­be sich aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. c, 1.Vari. i.V.m. Art. 21 Abs. 1 der Ver­ord­nung EU 2016/​679 des euro­päi­schen Par­la­ments und des Rats vom 27. 4.2016 zum Schutz natür­li­cher Per­so­nen bei der Ver­ar­bei­tung Per­so­nen­da­ten, zum frei­en Daten­ver­kehr und zur Auf­he­bung der Herr L 95/​46/​EG (Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung).
Die Recht­mä­ßig­keit der Ver­ar­bei­tung rich­tet sich nach Art. 6 DSGVO. Im vor­lie­gen­den Fall war frag­lich, ob die von der Beklag­ten Ver­hal­tens­re­gel, die Ein­tra­gung tag­ge­nau nach drei Jah­ren zu löschen in Abwä­gung mit den kon­kre­ten Inter­es­sen des Klä­gers über wiegt.
Hier­zu stell­te das Gericht fest, dass es nicht Zweck der Ertei­lung der Rest­schuld­be­frei­ung sei, dass der Schuld­ner wie­der im Wirt­schafts­le­ben teil­neh­men kann, als ob es das Insol­venz­ver­fah­ren nie gege­ben hät­te. Daher kann der Klä­ger nicht ver­lan­gen, einer Per­son gleich­ge­stellt zu wer­den, die nie­mals von einer Insol­venz betrof­fen war. Für poten­ti­el­le Geschäfts­part­ner eines Schuld­ners sei es im Rah­men der Boni­täts­prü­fung wich­tig zu erfah­ren, ob bei einem Schuld­ner die Gefahr besteht, wie­der insol­vent zu wer­den. Für die Ein­schät­zung einer sol­chen Gefahr kön­ne die Ertei­lung der Rest­schuld­be­frei­ung ein nicht uner­heb­li­ches Indiz sein (vgl.auch OLG Frank­furt vom 14.12.2015–1 U 128/​15). Daher sei es nicht unver­hält­nis­mä­ßig, die Infor­ma­ti­on über die Rest­schuld­be­frei­ung über drei Jah­re zu spei­chern, da dies eine zuläs­si­ge Warn­funk­ti­on erfülle.

Im kon­kre­ten Fall konn­te der Klä­ger jedoch dar­tun, dass sei­ne per­sön­li­chen Inter­es­sen über­wie­gen. So konn­te der Klä­ger unter ande­rem dar­le­gen, dass die Ein­tra­gung sei­ne wei­te­re Erwerbs­tä­tig­keit, er hat­te bereits eine GmbH gegrün­det, und auch die Woh­nungs­su­che auf­grund des Ein­trags für ihn zu erheb­li­chen, kon­kret dar­ge­leg­ten Schwie­rig­kei­ten geführt hat. Er hat im Ver­fah­ren erklärt, dass ihm sei­ne beruf­li­che Wei­ter­ent­wick­lung als auch die Woh­nungs­su­che durch den Ein­trag erheb­lich behin­dert wer­den. Dies über­zeug­te das Gericht. Daher gab es dem Anspruch auf Löschung nach Art. 17 Abs. 1 Buchst. c DSGVO statt. Einen Anspruch auf Schmer­zens­geld hin­ge­gen lehn­te das Gericht ab.

Ergeb­nis:

Bei dem durch das Land­ge­richt Frank­furt ent­schie­de­nen Fall han­delt es sich um einen Aus­nah­me­fall. Jedoch hat das Gericht bestä­tigt, dass es Grün­de des Schuld­ners geben kann, die einer Spei­che­rung des Insol­venz­ver­merks über drei Jah­re hin­aus nach der Ertei­lung der Rest­schuld­be­frei­ung dem Ein­tra­gungs­in­ter­es­se der SCHUFA wider­spre­chen kön­nen. Dies kann aber jeweils nur im kon­kre­ten Ein­zel­fall ent­schie­den werden.