LAG Kiel 2017: Verdachtskündigung und Anhörung
Will der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung wegen des Verdachts einer Pflichtverletzung aussprechen, setzt dies voraus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigungen zu den bestehenden Verdachtsmomenten angehört hat. Sollte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Möglichkeit geben, in einer Anhörung vor Ausspruch der Kündigung die Vorwürfe aus der Welt zu schaffen, ist die Verdachtskündigung unwirksam.
Das Landesarbeitsgericht Kiel hat am 13.4.2018 entschieden, dass eine Frist von Donnerstagabend bis Montagmittag zur schriftlichen Stellungnahme zu kurz ist, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist und er wegen anderer Streitpunkte von einem Anwalt vertreten wird, dem Anwalt das Anhörungsschreiben aber nicht zugeleitet wurde.
Wenn ein Arbeitgeber beabsichtigt, eine außerordentliche und fristlose Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen gegen den Arbeitnehmer aussprechen, ist hierzu eine Abmahnung regelmäßig nicht notwendig.
Wenn der Arbeitnehmer solche Vorwürfe jedoch abstreitet, muss der Arbeitgeber die Pflichtverletzung beweisen. In diesem Fall hat er auch die Möglichkeit, eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund auch auf einen Verdacht gegen den Arbeitnehmer zu stützen.
Die Verdachtskündigung hat jedoch mehrere Voraussetzungen. Die erste Voraussetzung ist, dass der Tatverdacht dringend sein muss. Zweitens muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung den Sachverhalt bestmöglich aufgeklärt haben. Dem Arbeitnehmer muss im Rahmen einer Anhörung Gelegenheit gegeben werden, sich zu den Verdachtsmomenten zu äußern. Ihm muss die Gelegenheit gegeben werden, die Vorwürfe gegen sich zu entkräften und damit seine Unschuld zu beweisen.”
Wie ist aber vorzugehen, wenn sich der Arbeitnehmer nicht im Betrieb befindet, weil er z.B. erkrankt ist oder Urlaub hat oder freigestellt worden? In diesem Fall muss der Arbeitgeber eine schriftliche Anhörung verfassen und diese dem Arbeitnehmer nach Hause schicken. Verzögerte Arbeitgeber die Aufklärung des Sachverhalts ist dies für ihn risikobehaftet. Wie lange der Arbeitgeber dem Arbeitnehmerzeit geben muss, auf das Anhörungsschreiben zu antworten, ist weder im Gesetz geregelt noch gibt es hierzu klare Regeln in der Rechtsprechung.
Im Rechtsstreit vor dem LAG befanden sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer bereits in einem längeren Rechtsstreit. Der Arbeitnehmer ließ sich durch einen Anwalt vertreten. Das Anhörungsschreiben wurde aber nur dem Arbeitnehmer und nicht dem Rechtsanwalt des Arbeitnehmers zugeleitet. Im Übrigen bei der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt. Die gesetzte Anhörungsrecht war dem Landesarbeitsgericht daher zur kurz. Eine Stellungnahme Frist von einer Woche bis zehn Tagen dürfte in einem solchen Fall angemessen sein.