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Insolvenz

xen­dis Ver­sand­lo­gis­tik GmbH – Kündigungen

Insol­venz­ver­fah­ren eröffnet

Am 01.01.2023 wur­de um 10:00 Uhr das Insol­venz­ver­fah­ren über das Ver­mö­gen der xen­dis Ver­sand­lo­gi­sik GmbH, Ernst-Diet­rich-Platz 2, 40882 Ratin­gen eröffnet.

Den Beschluss fin­den Sie hier: xen­dis Ver­sand­lo­gis­tik GmbH – Insol­venz­er­öff­nung (556 Downloads) 

Zum Insol­venz­ver­wal­ter wird ernannt Rechts­an­walt Dr. Mar­kus Kier, Will­stät­ter­stra­ße 62, 40549 Düs­sel­dorf.

For­de­run­gen der Insol­venz­gläu­bi­ger sind bis zum 03.02.2023 unter Beach­tung des § 174 InsO beim Insol­venz­ver­wal­ter anzumelden.

Wie wir erfah­ren haben, wer­den bereits die ers­ten Kün­di­gun­gen ausgesprochen. 

Bera­tung

Die Kanz­lei THOLL berät Sie in allen Fra­gen des Insol­venz- und Arbeits­rechts. Herr Rechts­an­walt Dirk Tholl ist Fach­an­walt für Insol­venz- und Arbeits­recht. Tel: 0201.1029920

Vor­aus­sicht­li­che Lese­dau­er: 1 Minute

Insolvenz

FAKT Tower GmbH & Co. KG

Am 24.11.2022 wur­de um 12:34 Uhr das vor­läu­fi­ge Insol­venz­ver­fah­ren über das Ver­mö­gen der FAKT Tower GmbH & Co . KG eröffnet.

Zum vor­läu­fi­gen Insol­venz­ver­wal­ter wird Rechts­an­walt Dr. Gre­gor Bräu­er, Ber­li­ner Allee 44, 40212 Düs­sel­dorf bestellt.
Ver­fü­gun­gen der Schuld­ne­rin über Gegen­stän­de ihres Ver­mö­gens sind nur noch mit Zustim­mung des vor­läu­fi­gen Insol­venz­ver­wal­ters wirk­sam (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO).
Den Schuld­nern der Schuld­ne­rin (Dritt­schuld­nern) wird ver­bo­ten, an die Schuld­ne­rin zu zah­len. Der vor­läu­fi­ge Insol­venz­ver­wal­ter wird ermäch­tigt, Bank­gut­ha­ben und sons­ti­ge For­de­run­gen der Schuld­ne­rin ein­zu­zie­hen sowie ein­ge­hen­de Gel­der ent­ge­gen­zu­neh­men. Die Dritt­schuld­ner wer­den auf­ge­for­dert, nur noch unter Beach­tung die­ser Anord­nung zu leis­ten (§ 23 Abs. 1 Satz 3 InsO).

Rechts­an­walt Dirk Tholl, Fach­an­walt für Insol­venz- und Arbeits­recht berät Arbeit­neh­mer und Gläu­bi­ger in Insolvenzverfahren.

Insolvenz

FAKT Ruhr­al­lee 80 GmbH

Am 20.12.2022 wur­de um 14:39 Uhr das vor­läu­fi­ge Insol­venz­ver­fah­ren über das Ver­mö­gen der FAKT RUHRALLEE 80 GmbH, Hut­tro­per Str. 60, 45138 Essen eröffnet.

Zum vor­läu­fi­gen Insol­venz­ver­wal­ter wird Rechts­an­walt Dr. Gre­gor Bräu­er, Ber­li­ner Allee 44, 40212 Düs­sel­dorf bestellt.
Ver­fü­gun­gen der Schuld­ne­rin über Gegen­stän­de ihres Ver­mö­gens sind nur noch mit Zustim­mung des vor­läu­fi­gen Insol­venz­ver­wal­ters wirk­sam (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO).
Den Schuld­nern der Schuld­ne­rin (Dritt­schuld­nern) wird ver­bo­ten, an die Schuld­ne­rin zu zah­len. Der vor­läu­fi­ge Insol­venz­ver­wal­ter wird ermäch­tigt, Bank­gut­ha­ben und sons­ti­ge For­de­run­gen der Schuld­ne­rin ein­zu­zie­hen sowie ein­ge­hen­de Gel­der ent­ge­gen­zu­neh­men. Die Dritt­schuld­ner wer­den auf­ge­for­dert, nur noch unter Beach­tung die­ser Anord­nung zu leis­ten (§ 23 Abs. 1 Satz 3 InsO).

Die Kanz­lei THOLL berät Sie in allen Fra­gen des Insol­venz- und Arbeits­rechts. Herr Rechts­an­walt Dirk Tholl ist Fach­an­walt für Insol­venz- und Arbeits­recht. Tel: 0201.1029920

Insolvenz

Har­fid Hoch­bau GmbH

Vor­läu­fi­ges Insolvenzverfahren

Am 24.12.2022 wur­de um 13:55 Uhr das vor­läu­fi­ge Insol­venz­ver­fah­ren über das Ver­mö­gen der Har­fid Hoch­bau GmbH, Lin­den­al­lee 39, 45127 Essen eröffnet.

Den Beschluss fin­den Sie hier.

Zum vor­läu­fi­gen Insol­venz­ver­wal­ter wird Rechts­an­walt Dr. Biner Bähr, Am Thys­sen­haus 1–3, 45128 Essen bestellt. Ver­fü­gun­gen der Schuld­ne­rin über Gegen­stän­de ihres Ver­mö­gens sind nur noch mit Zustim­mung des vor­läu­fi­gen Insol­venz­ver­wal­ters wirk­sam (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO). Den Schuld­nern der Schuld­ne­rin (Dritt­schuld­nern) wird ver­bo­ten, an die Schuld­ne­rin zu zah­len. Der vor­läu­fi­ge Insol­venz­ver­wal­ter wird ermäch­tigt, Bank­gut­ha­ben und sons­ti­ge For­de­run­gen der Schuld­ne­rin ein­zu­zie­hen sowie ein­ge­hen­de Gel­der ent­ge­gen­zu­neh­men. Die Dritt­schuld­ner wer­den auf­ge­for­dert, nur noch unter Beach­tung die­ser Anord­nung zu leis­ten (§ 23 Abs. 1 Satz 3 InsO). Maß­nah­men der Zwangs­voll­stre­ckung ein­schließ­lich der Voll­zie­hung eines Arrests oder einer einst­wei­li­gen Ver­fü­gung gegen die Schuld­ne­rin wer­den unter­sagt, soweit nicht unbe­weg­li­che Gegen­stän­de betrof­fen sind; bereits begon­ne­ne Maß­nah­men wer­den einst­wei­len ein­ge­stellt (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO).

Bera­tung

Die Kanz­lei THOLL berät Sie in allen Fra­gen des Insol­venz- und Arbeits­rechts. Herr Rechts­an­walt Dirk Tholl ist Fach­an­walt für Insol­venz- und Arbeits­recht. Tel: 0201.1029920

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Inkon­gru­en­te Deckung

Inkon­gru­en­te Deckung ist ein Begriff aus dem Insol­venz­recht. Er wird ver­wen­det in § 131 InsO:

§ 131 Inkon­gru­en­te Deckung
(1) Anfecht­bar ist eine Rechts­hand­lung, die einem Insol­venz­gläu­bi­ger eine Siche­rung oder Befrie­di­gung gewährt oder ermög­licht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu bean­spru­chen hatte,

1.wenn die Hand­lung im letz­ten Monat vor dem Antrag auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens oder nach die­sem Antrag vor­ge­nom­men wor­den ist,

2.wenn die Hand­lung inner­halb des zwei­ten oder drit­ten Monats vor dem Eröff­nungs­an­trag vor­ge­nom­men wor­den ist und der Schuld­ner zur Zeit der Hand­lung zah­lungs­un­fä­hig war oder

3.wenn die Hand­lung inner­halb des zwei­ten oder drit­ten Monats vor dem Eröff­nungs­an­trag vor­ge­nom­men wor­den ist und dem Gläu­bi­ger zur Zeit der Hand­lung bekannt war, daß sie die Insol­venz­gläu­bi­ger benachteiligte.

(2) Für die Anwen­dung des Absat­zes 1 Nr. 3 steht der Kennt­nis der Benach­tei­li­gung der Insol­venz­gläu­bi­ger die Kennt­nis von Umstän­den gleich, die zwin­gend auf die Benach­tei­li­gung schlie­ßen las­sen. Gegen­über einer Per­son, die dem Schuld­ner zur Zeit der Hand­lung nahe­stand (§ 138), wird ver­mu­tet, daß sie die Benach­tei­li­gung der Insol­venz­gläu­bi­ger kannte.

Ent­schei­den­de Grund für die Anfecht­bar­keit nach § 131 InsO ist der Umstand, dass der Gläu­bi­ger eine Befrie­di­gung oder Siche­rung (Deckung) erlangt hat, die er nicht oder jeden­falls nicht so zu bean­spru­chen hatte. 

Eine vom Gläu­bi­ger nicht zu bean­spru­chen­de Deckung ist gege­ben, wenn er gegen den Schuld­ner kei­nen Anspruch auf die kon­kret gewähl­te Leis­tung hat­te oder wenn der Anspruch (noch) nicht durch­setz­bar war, etwa weil ihm eine Ein­wen­dung oder eine Ein­re­de entgegenstand.

Wird die Über­ein­stim­mung zwi­schen dem Anspruch oder der gewähr­ten Deckung erst durch eine in den kri­ti­schen Anfech­tung­zeit­raum des § 131 InsO getrof­fe­ne Ver­ein­ba­rung her­ge­stellt, so unter­liegt die­se ihrer­seits der Anfech­tung gemäß § 131 InsO (BGH vom 29.9.2005-IX ZR 184/​04).

Eine inkon­gru­en­te Deckung ist in die­sem Sin­ne ins­be­son­de­re dann gege­ben, wenn die kon­kre­te Deckungs­hand­lung vom Inhalt des Schuld­ver­hält­nis­ses zwi­schen dem Schuld­ner und dem Insol­venz­gläu­bi­ger abweicht (ver­glei­che BGH vom 20.7.2006-IX ZR 44/​05).

Ist eine inkon­gru­en­te Deckung gege­ben, so ist die Insol­venz­an­fech­tung für den Insol­venz­ver­wal­ter leich­ter als bei Vor­lie­gen einer kon­gru­en­ten Deckung gemäß § 130 InsO.

Im ers­ten Monat vor Antrag auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens (oder danach) ist jede Hand­lung anfecht­bar. Hier­bei ist egal, ob der Schuld­ner zu die­ser Zeit bereits zah­lungs­un­fä­hig war oder der Gläu­bi­ger von irgend­et­was Kennt­nis hatte.

Im zwei­ten oder drit­ten Monat vor dem Antrag auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens ist bei der inkon­gru­en­ten Deckung die anfecht­bar, wenn der Schuld­ner zur Zeit der Hand­lung zah­lungs­un­fä­hig war. Auf eine Kennt­nis des Gläu­bi­gers kommt es nicht an.

Alter­na­tiv kommt eine Anfech­tung auch in Betracht wenn die Hand­lung inner­halb des zwei­ten oder drit­ten Monats vor dem Eröff­nungs­an­trag vor­ge­nom­men war, unab­hän­gig von der Zah­lungs­un­fä­hig­keit des Schuld­ners, wenn der Gläu­bi­ger Kennt­nis davon hat­te, dass die Hand­lung ande­re Insol­venz­gläu­bi­ger benachteiligte.

Haf­tung des Geschäfts­füh­rers bei frag­li­cher Besei­ti­gung der Insolvenzreife

Haf­tung des Geschäfts­füh­rers auch in Zukunft gegen­über einem Neu­gläu­bi­ger auf Grund einer ursprüng­lich ein­ge­tre­te­nen Insol­venz (Zah­lungs­un­fä­hig­keit oder Über­schul­dung), wenn sich die Gesell­schaft erholt?

Der Fall

Der BGH hat in sei­ner Ent­schei­dung vom 19.11.2019 – II ZR 53/​18 über den Fall eines Neu­gläu­bi­ger­scha­dens im Rah­men einer Insol­venz zu ent­schei­den. Dabei stell­te sich die Fra­ge, inwie­weit ein Geschäfts­füh­rer einer Gesell­schaft für den Scha­den eines Ver­trags­part­ners haf­tet, wenn zwar die Gesell­schaft in der Ver­gan­gen­heit insol­vent war, aber im Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses mit dem Gläu­bi­ger ein Insol­venz­grund auf Grund der Erho­lung der Gesell­schaft nicht mehr vorlag.

Ent­schei­dung des BGH zur Haf­tung des Geschäftsführers

Die Ent­schei­dung des BGH ver­langt ein­deu­tig, dass es auf den Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses ankommt. Da es sich bei einer Insol­venz­ver­schlep­pung um ein Dau­er­de­likt han­delt, müs­sen deren objek­ti­ve und sub­jek­ti­ve Vor­aus­set­zun­gen zum Zeit­punkt des Geschäfts­ab­schlus­ses noch vorliegen.

Ergeb­nis

Der kla­gen­de Neu­gläu­bi­ger muss­te daher bewei­sen, dass ein Insol­venz­grund noch im Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses vor­lag. Er konn­te nicht pau­schal dar­auf ver­wei­sen, dass die Insol­venz bereits in der Ver­gan­gen­heit ein­mal ein­ge­tre­ten war. In sei­ner Ent­schei­dung zeigt der BGH jedoch auf, wie dem Neu­gläu­bi­ger die­ser Nach­weis mög­lich ist. So gilt nach der Recht­spre­chung der Nach­weis im Zeit­punkt des Geschäfts­ab­schlus­ses bei rela­tiv zeit­nah erteil­ten Auf­trä­gen als geführt. Ein zeit­li­cher Zusam­men­hang von 9 Mona­ten bis zu einem Jahr reicht hier­für aus. In die­sem Fall muss der Geschäfts­füh­rer dar­le­gen und bewei­sen, dass im Zeit­punkt der Auf­trags­er­tei­lung z. B. eine Über­schul­dung nach­hal­tig besei­tigt und damit die Antrags­pflicht ent­fal­len war.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen erhal­ten Sie auf unse­rer Inter­net­sei­te Haf­tung des Geschäfts­füh­rers und Insol­venz­ver­schlep­pung.

Urteil im Insolenzrecht

Gerichts­stand für Ansprü­che aus §§ 130a, 177a HGB, § 64 GmbHG

Bei wel­chem Gericht muss ein Insol­venz­ver­wal­ter kla­gen, wenn er Ansprü­che aus §§ 130a, 177a HGB gel­tend machen will?

All­ge­mein

Der Bun­des­ge­richts­hof BGH, Beschl. v. 6. 8. 2019 – X ARZ 317/​19 muss­te sich mit der Fra­ge beschäf­ti­gen, bei wel­chem Gericht er Scha­dens­er­satz­an­sprü­che gegen dich Geschäfts­füh­rer einer GmbH & Co. KG gemäß § 177a und § 130a HGB gel­tend machen kann.

Im zu ent­schei­den­den Fall gab es zwei Geschäfts­füh­rer, die in unter­schied­li­chen Orten wohn­ten. Hier bean­trag­te der Insol­venz­ver­wal­ter bei Gericht, dass ein gemein­sa­mes Gericht als zustän­dig erach­tet wird. Denn er woll­te nicht zwei unter­schied­li­che Kla­gen füh­ren son­dern die Geschäfts­füh­rer gemein­schaft­lich an einem Gericht verklagen.

Der Bun­des­ge­richts­hof hat die­sen Antrag zurück­ge­wie­sen, da sowie­so ein ein­zi­ges Gericht, und zwar das Gericht der Gesell­schaft zustän­dig ist. Der Anspruch gegen die Geschäfts­füh­rer, basie­rend auf § 64 S. 1 GmbHG oder § 130 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 HGB gestütz­ter Anspruch basie­ren auf den Beson­der­hei­ten des organ­schaft­li­chen Ver­hält­nis­ses zwi­schen der Gesell­schaft und dem Geschäfts­füh­rer. Pas­siv legi­ti­miert sind daher nur Per­so­nen, die recht­lich oder fak­tisch als Geschäfts­füh­rer fun­giert haben. Vor die­sem Hin­ter­grund ist daher ein auf § 64 Abs. 1 GmbHG oder § 130 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 HGB gestütz­ter Anspruch aus den­sel­ben Grün­den wie ein Anspruch aus § 43 Abs. 2 GmbHG als Anspruch aus einem Ver­trags­ver­hält­nis im Sin­ne von § 29 Abs. 1 ZPO anzusehen.
Maß­geb­lich ist daher der Erfül­lungs­ort. Für den Erfül­lungs­ort des Anspruchs ist grund­sätz­lich der Ort, an dem die Gesell­schaft ihren Sitz hat, maßgeblich.

Ergeb­nis:

Die Ent­schei­dung des Bun­des­ge­richts­hofs macht die Fra­ge der Kla­ge­er­he­bung für die Insol­venz­ver­wal­ter ein­fa­cher. Sie kön­nen ohne Schwie­rig­kei­ten nun­mehr meh­re­re Geschäfts­füh­rer an einem Ort, d. h. am Ort der Gesell­schaft verklagen.

Hier fin­den Sie wei­ter Infor­ma­tio­nen zu § 64 GmbHG.

Fak­ti­scher Geschäfts­füh­rer und Haf­tung nach § 43 GmbHG

All­ge­mei­nes

Die Haf­tung nach § 43 GmbHG trifft neben dem bestell­ten Geschäfts­füh­rer auch den fak­ti­schen Geschäfts­füh­rer, der ohne Bestel­lung tat­säch­lich Geschäfts­füh­rer­kom­pe­ten­zen wahr­nimmt. (BGH Urt. vom 25.06.2001, II ZR 38/​99)

Den fak­ti­schen Geschäfts­füh­rer trifft eben­so die Insol­venz­an­trags­pflicht nach § 15 InsO und daher auch die Haf­tung für Zah­lun­gen nach Insol­venz­rei­fe nach § 64 GmbHG. (BGH Urt. vom 11.07.2005, II ZR 235/​03)

Wer ist fak­ti­scher Geschäfts­füh­rer?

Fak­ti­sche Geschäfts­füh­rer sind Per­so­nen, die nicht als Geschäfts­füh­rer bestellt wur­den, jedoch die Ämter­funk­tio­nen tat­säch­lich wahr­neh­men. Die tat­säch­lich bestell­ten Ver­tre­ter kom­men als Haf­ten­de auch neben dem fak­ti­schen Geschäfts­füh­rer im Betracht. Dass sie nur als Stroh­män­ner gehan­delt haben, schließt ihre Haf­tung nicht aus. Jedoch schei­den juris­ti­sche Per­son als fak­ti­sche Geschäfts­füh­rer aus, weil der recht­li­che Geschäfts­füh­rer kei­ne juris­ti­sche Per­son sein kann. Daher kommt nur der organ­schaft­li­che Ver­tre­ter einer juris­ti­schen Per­son tat­säch­lich als fak­ti­scher Geschäfts­füh­rer infrage.

Fak­ti­scher Geschäfts­füh­rer ist der­je­ni­ge, der sowohl betriebs­in­ter­nen als auch nach außen anstel­le des recht­li­chen Geschäfts­füh­rers mit Ein­ver­ständ­nis der Gesell­schaf­ter tat­säch­lich das Sagen hat und eine gegen­über dem for­mel­len Geschäfts­füh­rer über­ra­gen­de Stel­lung ein­nimmt. Dabei genügt eine beherr­schen­de Stel­lung allei­ne nicht. Not­wen­dig ist, was für die ganz erheb­li­cher Bedeu­tung ist, auch das Han­deln mit Außen­wir­kung. Dabei ist die Fest­stel­lung eines Han­dels mit außen wirk­sam im Ein­zel­fall nicht ein­fach. Die Recht­spre­chung geht von einer Gesamt­be­trach­tung aus. Es wur­den jedoch ein­zel­ne Kri­te­ri­en ent­wi­ckelt, die bei der Beur­tei­lung einer Außen­wir­kung her­an­ge­zo­gen werden:

Kri­te­ri­en für die Beurteilung

  • Bestim­mung der Unternehmenspolitik
  • Unter­neh­mens­or­ga­ni­sa­ti­on
  • Ein­stel­lung von Mitarbeitern
  • Gestal­tung der Geschäfts­be­zie­hun­gen zu Vertragspartnern
  • Ver­hand­lun­gen mit Kreditgebern
  • Bestim­mung der Gehaltshöhe
  • Ent­schei­dung der Steu­er­an­ge­le­gen­hei­ten und
  • Steue­rung der Buchhaltung 

(vgl. BayO­bLG Urt. vom 20.02.1997 – 5 St RR 159/​96)

Auch der fak­ti­sche Geschäfts­füh­rer kann straf­recht­lich her­an­ge­zo­gen wer­den. Dabei kommt eine straf­recht­li­che Ver­ant­wor­tung für Straf­ta­ten nach § 82 Abs. 1 GmbHG und § 15 Abs. 4 und 5 InsO in Betracht.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen erhal­ten sie auf der Inter­net­sei­te Fir­men­in­sol­venz und Geschäfts­füh­rer­haf­tung.

Urteil im Insolenzrecht

AG Aurich, Beschl. vom 6. 12. 2016 – 9 IK 55/​16

Ein Fall der sofor­ti­gen Ertei­lung der Restschuldbefreiung

Die Fall­kon­stel­la­ti­on

Das Amts­ge­richt Aurich hat ent­schie­den, dass auch für den Fall, das Gerichts­kos­ten infol­ge der Stun­dung noch offen­ste­hen, eine bean­tra­ge Rest­schuld­be­frei­ung sofort zu ertei­len ist.

AG Aurich, Beschl. v. 6. 12. 2016 – 9 IK 55/​16:

Inhalt der Entscheidung

“Das Insol­venz­ver­fah­ren wur­de mit Beschl. v. 26.2.2016 eröff­net. Die Kos­ten des Ver­fah­rens sind mit Beschluss vom glei­chen Tag bis zur Ertei­lung der Rest­schuld­be­frei­ung gestun­det, § 4a InsO.

Der Schuld­ne­rin ist antrags­ge­mäß Rest­schuld­be­frei­ung zu ertei­len, da kei­ne For­de­rung ange­mel­det wur­de. Der ein­zi­gen im For­de­rungs­ver­zeich­nis auf­ge­führ­ten Gläu­bi­ge­rin wur­de durch den Insol­venz­ver­wal­ter die Auf­for­de­rung zur Anmel­dung am 20.4.2016 zuge­stellt. Eine Anmel­dung ist nicht erfolgt.

Die Rest­schuld­be­frei­ung ist sofort zu ertei­len, da im Rest­schuld­be­frei­ungs­ver­fah­ren eine Aus­schüt­tung evtl. pfänd­ba­rer Bezü­ge man­gels fest­ge­stell­ter For­de­run­gen nicht erfol­gen wird. Es ist somit sinn­los, die Schuld­ne­rin eine “Wohl­ver­hal­tens­pha­se” durch­lau­fen zu las­sen, in der kein Insol­venz­gläu­bi­ger befrie­digt wür­de. Hier hat eine teleo­lo­gi­sche Reduk­ti­on des gesam­ten Ver­fah­rens zu erfol­gen. Sinn und Zweck des Insol­venz­ver­fah­rens ist die gemein­schaft­li­che Befrie­di­gung der Insol­venz­gläu­bi­ger. Zudem soll dem red­li­chen Schuld­ner im sich anschlie­ßen­den Rest­schuld­be­frei­ungs­ver­fah­ren Gele­gen­heit gege­ben wer­den, sich von sei­nen rest­li­chen Ver­bind­lich­kei­ten zu befrei­en, § 1 InsO.

Im Anschluss an die zitier­te Ent­schei­dung ist in Lite­ra­tur und Recht­spre­chung die Auf­fas­sung ver­tre­ten wor­den, dass auch bei offe­nen Gerichts­kos­ten die Rest­schuld­be­frei­ung sofort erteilt wer­den kann

Die Kos­ten des Ver­fah­rens sind nach § 4a InsO schließ­lich bis zur Ertei­lung der Rest­schuld­be­frei­ung zu stunden.

Die­ser Auf­fas­sung hat sich sei­ner­zeit auch das erken­nen­de Gericht ange­schlos­sen, weil es sinn­los ist, jähr­li­che Kos­ten von 119 € für ein sinn­ent­leer­tes Rest­schuld­be­frei­ungs­ver­fah­ren zu verursachen.

Mit Beschl. v. 29.4.2015 hat bereits das AG Göt­tin­gen (71 IK 99/​14) fest­ge­stellt, dass in einem Ver­fah­ren, das nach dem 1.7.2014 bean­tragt wur­de, sofort Rest­schuld­be­frei­ung zu ertei­len ist, wenn kein Gläu­bi­ger eine For­de­rung ange­mel­det hat und die Kos­ten des Ver­fah­rens gestun­det sind. Auch das Insol­venz­ge­richt Aurich hat unter den glei­chen Vor­aus­set­zun­gen Rest­schuld­be­frei­ung sofort erteilt, Beschl. v. 20.11.2015.

Zwar hat der BGH mit Beschl. v. 22.9.2016 (IX ZB 29/16,7) ent­schie­den, dass die Ver­fah­rens­kos­ten gezahlt sein müss­ten, die­se Ent­schei­dung ist aller­dings abzu­leh­nen. Wür­de die­se Ent­schei­dung auf den hier vor­lie­gen­den Fall ange­wen­det, so ver­ur­sach­te man dadurch zusätz­li­che (und unnüt­ze) Kos­ten für die Ver­gü­tung des Treu­hän­ders, zahl­bar aus der Lan­des­kas­se i.H.v. 714 €.

Die­se Ver­gü­tung müss­te nach Ertei­lung der Rest­schuld­be­frei­ung zusätz­lich zu den bereits ent­stan­de­nen Ver­fah­rens­kos­ten von der Schuld­ne­rin getra­gen wer­den, soweit nicht die Vor­aus­set­zun­gen für eine wei­te­re Stun­dung gem. § 4b Abs. 1 InsO vor­lie­gen. Auch im Hin­blick dar­auf, dass die Lan­des­kas­se durch die gesetz­li­che Neu­re­ge­lung ent­las­tet wer­den soll, erscheint die­ses Ergeb­nis fraglich.

Durch die sofor­ti­ge Ertei­lung der Rest­schuld­be­frei­ung ent­steht der Lan­des­kas­se auch kein Scha­den, da sich die Nach­haf­tungs­pha­se der Schuld­ne­rin unmit­tel­bar anschließt.

Die­se Begrün­dung trifft auch auf Ver­fah­ren zu, die nach dem 1.7.2014 bean­tragt sind. Gem. § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO ist der Schuld­ne­rin auf ihren Antrag sofort die Rest­schuld­be­frei­ung zu ertei­len, wenn kein Insol­venz­gläu­bi­ger im Schluss­ver­zeich­nis ent­hal­ten ist.”

Stel­lung­nah­me

Bei die­ser Ent­schei­dung han­delt es sich um einen beson­de­ren Fall der sofor­ti­gen Ertei­lung der Restschuldbefreiung. 

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zur Rest­schuld­be­frei­ung fin­den Sie hier: => Rest­schuld­be­frei­ung

Urteil im Insolenzrecht

BFH v. 28.02.2011 – VII B 224/​10

Über­prü­fung eines Insol­venz­an­tra­ges durch das Finanzgericht

Sach­ver­halt

Ein Antrag des Finanz­amts auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens kann beim Finanz­ge­richt im Wege des einst­wei­li­gen Rechts­schut­zes (einst­wei­li­ge Anord­nung nach § 114 FGO) über­prüft wer­den. Im vor­lie­gen­den Fall hat­te der Schuld­ner eine Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­rung nicht eingehalten. 

(vgl BFH v. 28.02.2011 – VII B 224/​10)

Die Ent­schei­dung

I. Der Antrag­stel­ler und Beschwer­de­geg­ner (Antrag­stel­ler) erzielt Ein­künf­te aus einer gewerb­li­chen Zim­mer­ver­mie­tung. Auf­grund von Ein­kom­men- und Umsatz­steu­er­rück­stän­den, die im Jahr 2009 57.472,19 EUR betru­gen, brach­te der Antrags­geg­ner und Beschwer­de­füh­rer (das Finanz­amt –FA–) meh­re­re Pfän­dungs- und Ein­zie­hungs­ver­fü­gun­gen aus, die jedoch ins Lee­re gin­gen. Wei­te­re Voll­stre­ckungs­mög­lich­kei­ten ver­moch­te das FA trotz dies­be­züg­li­cher Nach­for­schun­gen nicht aus­fin­dig zu machen. Zunächst vor­ge­nom­me­ne Sach­pfän­dun­gen wur­den in der Fol­ge­zeit wie­der auf­ge­ho­ben. Am 19. Janu­ar 2010 traf der Antrag­stel­ler mit dem FA eine Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­rung. Danach soll­te er den Zah­lungs­pflich­ten hin­sicht­lich neu fest­ge­setz­ter Ein­kom­men­steu­er-Vor­aus­zah­lun­gen nach­kom­men und die Umsatz­steu­er nach ord­nungs­ge­mä­ßer Buch­hal­tung quar­tals­wei­se zeit­nah beglei­chen. Zudem soll­te er alle vier­zehn Tage Raten in Höhe von 1.000 EUR leis­ten und eine eides­statt­li­che Ver­si­che­rung abge­ben. Die gefor­der­te Ver­si­che­rung gab der Antrag­stel­ler am 1. Febru­ar 2010 ab, jedoch ergab sich dar­aus kein wesent­li­ches pfänd­ba­res Vermögen.

Zum 21. Juli 2010 betru­gen die Rück­stän­de noch 42.548,39 EUR. Nach einem Ver­merk der Voll­stre­ckungs­stel­le hat­te der Antrag­stel­ler die ver­ein­bar­ten vier­zehn­tä­gi­gen Raten unab­ge­spro­chen auf einen Betrag von 500 EUR redu­ziert. Eine Redu­zie­rung der Raten­hö­he lehn­te das FA ab; den dage­gen ein­ge­leg­ten Ein­spruch wies es als unbe­grün­det zurück. In der Ein­spruchs­ent­schei­dung gab es zu erken­nen, dass eine Aus­set­zung der Voll­zie­hung nach § 258 der Abga­ben­ord­nung (AO) nicht in Betracht kom­me. Den Rück­kaufs­wert einer Lebens­ver­si­che­rung –die aus dem Ver­mö­gens­ver­zeich­nis nicht ersicht­lich war– nahm das FA mit einem Betrag von 500 EUR an. Zudem erkann­te das FA, dass zuguns­ten des Antrag­stel­lers noch ein Schmer­zens­geld­an­spruch bestehen könn­te. Am 22. Juli 2010 stell­te das FA beim Amts­ge­richt den Antrag auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens über das Ver­mö­gen des Antrag­stel­lers. In der Anhö­rung wies die­ser dar­auf hin, dass die Gewinn­ermitt­lung für 2007 kei­ne Ver­lus­te aus­wei­se und zur Her­ab­set­zung der Ein­kom­men­steu­er 2007 und einem Erstat­tungs­an­spruch füh­ren wer­de. Fer­ner sei im Rah­men eines Ein­spruchs­ver­fah­rens die Ein­kom­men­steu­er für 2008 her­ab­zu­set­zen. Im August 2010 setz­te das FA die Voll­zie­hung hin­sicht­lich der Ein­kom­men­steu­er 2007 in Höhe eines Teil­be­trags von 8.552,64 EUR aus.

Gegen den Antrag auf Insol­venz­er­öff­nung begehr­te der Antrag­stel­ler vor dem Finanz­ge­richt (FG) einst­wei­li­gen Rechts­schutz nach § 114 Abs. 1 der Finanz­ge­richts­ord­nung (FGO). Die­ses ver­pflich­te­te das FA, den Antrag auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens zurück­zu­neh­men. Nach der mit dem FA getrof­fe­nen Ver­ein­ba­rung, die nicht wider­ru­fen wor­den sei, sei der Antrag­stel­ler im Zeit­punkt der Antrag­stel­lung mit ins­ge­samt drei Raten, d.h. mit ins­ge­samt 3.000 EUR, im Rück­stand gewe­sen. Die gerin­ge Höhe die­ses Betra­ges las­se die Voll­stre­ckungs­maß­nah­me als ermes­sens­feh­ler­haft erschei­nen. Dar­über hin­aus habe der Antrag­stel­ler im Zeit­raum von Mai bis August 2010 wei­te­re Raten in Höhe von monat­lich 1.000 EUR geleis­tet. Somit kön­ne nicht von einer Zah­lungs­un­fä­hig­keit des Antrag­stel­lers aus­ge­gan­gen wer­den. Wei­te­re Gläu­bi­ger sei­en nicht bekannt. Sei­nen Antrag habe das FA nicht auf den Insol­venz­grund der Über­schul­dung gestützt (§ 19 der Insol­venz­ord­nung –InsO–). Aus­füh­run­gen zur Über­schul­dung, die im Übri­gen nicht ange­nom­men wer­den kön­ne, habe es nicht gemacht. Im Streit­fall lie­ge ein Anord­nungs­grund nach § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO vor, der auch die Vor­weg­nah­me der Ent­schei­dung in der Haupt­sa­che recht­fer­ti­ge, denn nach Eröff­nung eines Insol­venz­ver­fah­rens schei­de eine Rück­nah­me des Eröff­nungs­an­trags aus.

Mit sei­ner vom FG zuge­las­se­nen Beschwer­de begehrt das FA die Auf­he­bung der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung und die Ableh­nung des Antrags des Antrag­stel­lers. Ent­ge­gen der Rechts­an­sicht des FG habe das FA sei­ne Ent­schei­dung ermes­sens­ge­recht getrof­fen. Die bis zum 31. August 2010 befris­te­te Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­rung habe die Fäl­lig­keit der Steu­er­for­de­run­gen nicht berührt. Eines Wider­rufs habe es inso­weit nicht bedurft. Rück­stän­dig sei­en nicht nur die nicht ent­rich­te­ten Raten, son­dern die gesam­ten Steu­er­for­de­run­gen gewe­sen. Zu Recht sei das FA von der Zah­lungs­un­fä­hig­keit des Antrag­stel­lers aus­ge­gan­gen. Mit einer zeit­na­hen Til­gung der For­de­run­gen habe nicht gerech­net wer­den kön­nen. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) sei regel­mä­ßig von einer Zah­lungs­un­fä­hig­keit i.S. des § 17 Abs. 2 InsO aus­zu­ge­hen, wenn der Schuld­ner nicht in der Lage sei, inner­halb von drei Wochen 90 % sei­ner fäl­li­gen Ver­bind­lich­kei­ten zu erfül­len. Zudem habe das FG, ohne dies­be­züg­lich nähe­re Fest­stel­lun­gen zu tref­fen, eine dro­hen­de Exis­tenz­ver­nich­tung des Antrag­stel­lers unterstellt.

Der Antrag­stel­ler ist der Beschwer­de ent­ge­gen­ge­tre­ten. Er führt aus, dass das FA das Aus­lau­fen der Frist der Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­rung nicht abge­war­tet, son­dern den Antrag auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens bereits am 22. Juli 2010 gestellt habe. Zudem sei das vom FA im Ent­wurf vor­ge­leg­te Schrei­ben vom 5. Febru­ar 2010 bis­her nicht zuge­gan­gen. Im Bescheid vom 2. Novem­ber 2010 habe das FA selbst bestä­tigt, dass die ver­ein­bar­ten Raten bezahlt wor­den sei­en. Aus­weis­lich der betriebs­wirt­schaft­li­chen Aus­wer­tung vom Sep­tem­ber 2010 habe der Antrag­stel­ler Raten­zah­lun­gen bis zum Exis­tenz­mi­ni­mum erbracht. Ohne Anga­be von Grün­den habe das FA eine Redu­zie­rung der Raten abge­lehnt. Durch Zah­lung der ver­ein­bar­ten Raten und Abga­be der eides­statt­li­chen Ver­si­che­rung habe der Antrag­stel­ler die mit dem FA getrof­fe­ne Ver­ein­ba­rung erfüllt. Unrich­tig sei die zur Begrün­dung des Antrags auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens auf­ge­stell­te Behaup­tung, dass der Voll­stre­ckungs­schuld­ner sei­nen steu­er­li­chen Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen nicht nach­kom­me. Vor­aus­sicht­lich sei er in der Lage, sei­ne Steu­er­schul­den in ver­blei­ben­der Höhe von zur­zeit 15.300 EUR inner­halb von 12 Mona­ten zu til­gen. Das FA sei der ein­zi­ge Gläu­bi­ger. In sei­nem Schrift­satz vom 17. Febru­ar 2011 hat der Antrag­stel­ler mit­ge­teilt, dass der vom Insol­venz­ge­richt beauf­tra­ge Gut­ach­ter die Ansicht ver­tritt, dass eine das Insol­venz­ver­fah­ren decken­de Mas­se vor­han­den und der Insol­venz­grund des § 17 InsO gege­ben sei. Vor­aus­sicht­lich wer­de der Betrieb vom Insol­venz­ver­wal­ter freigegeben.

Grün­de
II. Die Beschwer­de ist begrün­det. Nach der gebo­te­nen und aus­rei­chen­den sum­ma­ri­schen Prü­fung der Sach- und Rechts­la­ge gelangt der beschlie­ßen­de Senat zu dem Schluss, dass das FG dem FA zu Unrecht die Ver­pflich­tung auf­er­legt hat, den Antrag auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens zurück­zu­neh­men. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des FG erweist sich die getrof­fe­ne Voll­stre­ckungs­maß­nah­me als ermessensfehlerfrei.

  1. Die Ent­schei­dung des FA, die Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens über das Ver­mö­gen eines Steu­er­schuld­ners zu bean­tra­gen, ist eine Ermes­sens­ent­schei­dung, die gemäß § 102 FGO von den Gerich­ten nur dar­auf­hin über­prüft wer­den kann, ob die Gren­zen des Ermes­sens über­schrit­ten sind oder von dem Ermes­sen in einer dem Zweck der Ermäch­ti­gung nicht ent­spre­chen­den Wei­se Gebrauch gemacht wor­den ist (vgl. Senats­be­schluss vom 12. Dezem­ber 2003 VII B 265/​01, BFH/​NV 2004, 464). Der Antrag auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens kann gestellt wer­den, wenn dem FA ein Anspruch zusteht, der ihm im Insol­venz­ver­fah­ren die Stel­lung eines Insol­venz­gläu­bi­gers ver­mit­telt, und wenn ein Insol­venz­grund vor­liegt. Posi­ti­ver Anhalts­punk­te für das Vor­han­den­sein einer die Kos­ten des Ver­fah­rens decken­den Mas­se bedarf es nicht. Aller­dings darf ein sol­cher Antrag nicht rechts­miss­bräuch­lich und aus sach­frem­den Erwä­gun­gen gestellt wer­den. Dies ist z.B. dann anzu­neh­men, wenn das FA ledig­lich die Ver­nich­tung der wirt­schaft­li­chen Exis­tenz des Voll­stre­ckungs­schuld­ners bezweckt (Senats­be­schluss vom 23. Juli 1985 VII B 29/​85, BFH/​NV 1986, 41).

Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs (BFH) han­delt es sich bei dem durch das FA gestell­ten Insol­venz­an­trag nicht um einen Ver­wal­tungs­akt (Beer­mann in Hübschmann/​Hepp/​Spitaler, § 251 AO Rz 107), so dass als vor­läu­fi­ger Rechts­schutz eine einst­wei­li­ge Anord­nung nach § 114 FGO in Betracht kommt (zur Kon­kurs­ord­nung vgl. Senats­be­schluss vom 26. April 1988 VII B 176/​87, BFH/​NV 1988, 762). Dabei hat sich die Prü­fung des Gerichts auf die Erfolgs­aus­sich­ten des Antrag­stel­lers im Haupt­sa­che­ver­fah­ren zu erstre­cken. Im Fal­le einer Leis­tungs­kla­ge auf Rück­nah­me des Antrags auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens ist nach Ansicht der Instanz­ge­rich­te auf den Zeit­punkt der Sach- und Rechts­la­ge zum Zeit­punkt der finanz­ge­richt­li­chen Ent­schei­dung abzu­stel­len (Urteil des FG des Saar­lan­des vom 17. März 2004 1 K 437/​02, Ent­schei­dun­gen der Finanz­ge­rich­te –EFG– 2004, 1021; Ent­schei­dung des FG Ber­lin vom 21. Sep­tem­ber 2004 7 K 7182/​04, EFG 2005, 11, und Loo­se in Tipke/​Kruse, Abga­ben­ord­nung, Finanz­ge­richts­ord­nung, § 251 AO Rz 22; offen­ge­las­sen im Senats­be­schluss vom 26. Febru­ar 2007 VII B 98/​06, BFH/​NV 2007, 1270). Die­se Fra­ge bedarf im Streit­fall jedoch kei­ner abschlie­ßen­den Klä­rung, weil der Eröff­nungs­grund des § 17 Abs. 1 InsO auch bereits im Zeit­punkt der Stel­lung des Insol­venz­an­trags vorlag.

  1. Zu Unrecht ist das FG davon aus­ge­gan­gen, dass das FA wegen der noch nicht aus­ge­lau­fe­nen Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­rung gehin­dert gewe­sen sei, den Insol­venz­an­trag zu stel­len. Die Ver­ein­ba­rung war wegen Nicht­ein­hal­tung sei­tens des Antrag­stel­lers gegen­stands­los gewor­den, so dass sie nicht hat­te förm­lich wider­ru­fen wer­den müs­sen. Das FA muss­te die Beträ­ge nicht wie­der fäl­lig stel­len, nach­dem der Antrag­stel­ler mit der zunächst pünkt­li­chen Raten­zah­lung in Rück­stand gera­ten war. Aus­weis­lich des Pro­to­kolls über die Bespre­chung an Amts­stel­le ist eine Aus­set­zung der Voll­zie­hung zunächst nicht gewährt wor­den. Viel­mehr wur­de die Voll­stre­ckung ledig­lich ruhend gestellt und vom Ver­hal­ten des Voll­stre­ckungs­schuld­ners abhän­gig gemacht. Zudem hat das FA mit Schrei­ben vom 6. Mai 2010 die bean­trag­te Redu­zie­rung der Raten­hö­he abge­lehnt und den dage­gen erho­be­nen Ein­spruch als unbe­grün­det zurück­ge­wie­sen. Der Ein­spruchs­ent­schei­dung vom 13. Juli 2010 muss­te der Antrag­stel­ler ent­neh­men, dass eine Aus­set­zung der Voll­stre­ckung nicht mehr in Betracht kam. Danach konn­te er von einer Geneh­mi­gung zur Fort­set­zung der Raten­zah­lun­gen nicht mehr aus­ge­hen und muss­te mit der umge­hen­den Ein­lei­tung von Voll­stre­ckungs­maß­nah­men rechnen.

Nach sum­ma­ri­scher Betrach­tung der Sach- und Rechts­la­ge konn­te das FA auch von einer Zah­lungs­un­fä­hig­keit des Antrag­stel­lers aus­ge­hen (§ 17 Abs. 1 und 2 InsO). Aus­weis­lich der Akten hat der Antrag­stel­ler zwar in den Mona­ten Janu­ar bis April 2010 die Raten in der ver­ein­bar­ten Höhe von 2.000 EUR gezahlt, jedoch die Zah­lun­gen bis August 2010 von zunächst 1.000 EUR auf 500 EUR zurück­ge­führt. Den Antrag vom 20. Juli 2010 auf ent­spre­chen­de Redu­zie­rung der Raten hat das FA abge­lehnt. Zu die­sem Zeit­punkt belie­fen sich die Steu­er­rück­stän­de auf 42.548,39 EUR. Aus­weis­lich der im Rah­men der Abga­be der eides­statt­li­chen Ver­si­che­rung vor­ge­leg­ten Ver­mö­gens­auf­stel­lung war ver­wert­ba­res Ver­mö­gen nicht vor­han­den, so dass wei­te­re Voll­stre­ckungs­ver­su­che aus­sichts­los erschie­nen. Zwar hat sich der Antrag­stel­ler auf einen für ihn güns­ti­gen Aus­gang der anhän­gi­gen Ein­spruchs­ver­fah­ren beru­fen, doch bestehen nach dem Vor­brin­gen des FA selbst unter Berück­sich­ti­gung der inzwi­schen abge­schlos­se­nen Ver­fah­ren Abga­ben­rück­stän­de in Höhe von 34.264,61 EUR. Dass eine Beglei­chung der Steu­er­schul­den in abseh­ba­rer Zeit zu erwar­ten ist, hat der Antrag­stel­ler ledig­lich behaup­tet, ohne dies jedoch sub­stan­ti­iert zu bele­gen. Bei die­sem Befund ist ein Anord­nungs­an­spruch nicht ersicht­lich. Da bereits aus die­sem Grund der Antrag des Antrag­stel­lers zurück­zu­wei­sen ist, kann es dahin­ge­stellt blei­ben, ob ein Anord­nungs­grund gege­ben ist.

  1. Im Übri­gen ist nicht erkenn­bar, dass das FA den Antrag auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens mit dem Ziel der Exis­tenz­ver­nich­tung rechts­miss­bräuch­lich gestellt hat. Dabei ist zu berück­sich­ti­gen, dass das pri­mä­re Ziel eines Insol­venz­ver­fah­rens nicht die Zer­schla­gung von Ver­mö­gens­wer­ten ist, son­dern die Schul­den­be­rei­ni­gung zur Fort­set­zung unter­neh­me­ri­scher Betä­ti­gung. Soweit sich der Antrag­stel­ler im erst­in­stanz­li­chen Ver­fah­ren dar­auf beru­fen hat, dass eine Abwei­sung des Insol­venz­an­trags man­gels Mas­se wahr­schein­lich sei, wird auch dadurch der Anord­nungs­an­spruch nicht hin­rei­chend belegt. Die zuver­läs­si­ge Fest­stel­lung des Ver­mö­gens des Schuld­ners obliegt dem Insol­venz­ge­richt (vgl. Senats­ent­schei­dung vom 12. Dezem­ber 2005 VII R 63/​04, BFH/​NV 2006, 900). Wie der Antrag­stel­ler nun­mehr selbst vor­trägt, ist nach Auf­fas­sung des vom Insol­venz­ge­richt bestell­ten Gut­ach­ters eine das Ver­fah­ren decken­de Mas­se vor­han­den. Auch ist eine Frei­ga­be des Betriebs mit dem Ziel sei­ner Fort­füh­rung nicht aus­ge­schlos­sen, so dass eine Ver­nich­tung der Exis­tenz des Antrag­stel­lers nicht unab­weis­bar erscheint.

Stel­lung­nah­me

Ein Insol­venz­an­trag des Finanz­am­tes ist des­halb zuläs­sig, weil die Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­rung durch die Nicht­zah­lung gegen­stands­los gewor­den ist und das FA die Beträ­ge nicht wie­der fäl­lig stel­len muss­te. Da das FA auch kei­ne Aus­set­zung der Voll­zie­hung gewährt hat­te, war der Insol­venz­an­trag zulässig.

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