Diese Vorschrift dient nach dem gesetzlichen Ziel der rechtzeitigen Insolvenzantragsstellung. Mit dieser soll erreicht werden, dass die sogenannte Insolvenzmasse erhalten bleibt und für die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zur Verfügung steht.
Schuldner der Forderung
Die Haftung für Zahlungen Insolvenzreife neben dem Geschäftsführer einer insolventen GmbH auch andere Personen:
- Geschäftsführer einer GmbH
- Geschäftsleiter des persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG gem. § 130a Abs. 1 HGB
- Geschäftsführer einer Komplementärin gem. § 177a HGB
- Vorstand einer AG gem. § 92 Abs. 2 AktG i. V. m. § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG
- nicht Vorstand eines Vereins
- Faktischer Geschäftsführer
- Liquidator
- nicht Gesellschafter
- u. U. Aufsichtsrat
Gläubiger der Forderung
Rechtlich steht die Forderung gem. § 64 Satz 1 GmbHG der Gesellschaft zu. Regelmäßig wird dieser Anspruch jedoch erst nach Insolvenzeröffnung durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht. Die Insolvenzeröffnung ist jedoch nicht Voraussetzung für den Anspruch.
Ist die Insolvenz mangels Masse abgewiesen worden, kann jeder Gläubiger mittelbar sich den Anspruch nach Pfändung und Überweisung zur Einziehung geltend machen (vgl. BGH Urt. v. 11.09.2000 II ZR 370/99).
Zeitliche Grenzen des Zahlungsverbots
Dass durch die Vorschrift ausgesprochene Zahlungsverbot beginnt mit dem objektiven Eintritt der Überschuldung oder der Zahlungsunfähigkeit. Voraussetzung ist keine förmliche Feststellung, sondern nur der objektive Eintritt. Das Verbot tritt sofort ein und nicht erst nach Ablauf der Dreiwochenfrist gem. § 15 a Abs. 1 S. 1 InsO.
Auf der anderen Seite führt ein Insolvenzeröffnungsantrag nicht zum Ende des Zahlungsverbots. Der Geschäftsführer ist an das Zahlungsverbot so lange gebunden, bis die Eröffnung zum Verlust der Verfügungsbefugnis führt.
Zahlungsunfähigkeit
Die Zahlungsunfähigkeit ist in §§ 17 Abs. 2 InsO geregelt. Danach ist eine Gesellschaft zahlungsunfähig, wenn sie nicht in der Lage ist, ihre fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Die Zahlungsunfähigkeit bei Zahlungseinstellung vermutet.
Damit eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt, muss es nicht bereits soweit gekommen sein, dass die Gesellschaft überhaupt keine Zahlungen mehr leistet. Es reicht aus, wenn sich die Unfähigkeit, Zahlung zu leisten, auf den wesentlichen Teil der Zahlungsverpflichtungen erstreckt.
Ob eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt, kann durch eine sogenannte Liquiditätsbilanz festgestellt werden. Ein einfacher Weg ist die Zahlungseinstellung gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 InsO.
Liquiditätsbilanz bei § 64 GmbHG
Die Liquiditätsbilanz besteht in der zahlenmäßigen Gegenüberstellung der Verbindlichkeiten der liquiden Mittel. Nach der Rechtsprechung liegt in der Regel eine Zahlungsunfähigkeit vor, wenn eine Liquiditätslücke von 10 % oder mehr besteht und sie nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit innerhalb von drei Wochen beseitigt werden kann.
Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn dargelegt werden kann, dass die Liquiditätslücke mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in einem überschaubaren Zeitraum beseitigt wird. Diese Prognose muss der Geschäftsführer führen. Hierbei sind die Besonderheiten z.B. Außenstände, die Bonität der Drittschuldner und die Kreditwürdigkeit des Schuldners unter Berücksichtigung der Branche zu berücksichtigen.
Eine Handelsbilanz reicht jedoch nicht aus, um eine Liquiditätsbilanz zu ersetzen.
Zahlungseinstellung
Die Zahlungsunfähigkeit wird nach § 17 Abs. 2 S. 2 InsO vermutet, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.
Bei der Zahlungseinstellung handelt es sich um dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise typischerweise Ausdruck, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.
Die Zahlungseinstellung ist von der bloßen Zahlungsstockung abzugrenzen. Von einer Zahlungseinstellung ist auszugehen, wenn es dem Schuldner über längere Zeit nicht gelingt, innerhalb von drei Wochen seine fälligen Verbindlichkeiten auszugleichen
Die Indizien für eine Zahlungseinstellung sind:
- Tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten, wenn noch erhebliche Zahlungen geleistet werden, die aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen
- Nichtzahlung einer einzelnen Verbindlichkeit, wenn diese eine nicht unbeträchtliche Höhe hat. Maßstab ist der Geschäftsbetrieb des Schuldners.
Eine eigene Erklärung des Schuldners, mit dem Inhalt, dass eine fällige Verbindlichkeit nicht beglichen werden kann
- Nicht: Stundung-oder Ratenzahlung bitte, soweit dies den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs entspricht
- Mindestens sechsmonatige Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen
- Nichtabführung oder erzwungene Zahlung von Steuern oder Teilzahlung über mehrere Monate
- Nichtzahlung von Löhnen über mehrere Monate oder allein schleppende Zahlung
- Vollstreckungen
- Lastschrift Rückgabe
- geplatzter Scheck
Darlegungs- und Beweislast
In einem Prozess geht es oft um die Frage, wer welche Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat.
In einem Prozess hat der Insolvenzverwalter diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle auch zu beweisen, aus denen sich eine objektive Pflichtverletzung und ein darauf beruhender Schaden der Gesellschaft ergeben. Dies bedeutet, dass der Insolvenzverwalter im Falle der Insolvenz der Gesellschaft deren Insolvenzreife darzulegen und zu beweisen hat.
Um dies zu beweisen, kann der Insolvenzverwalter eine Zahlungseinstellung darlegen und muss diese gegebenenfalls auch beweisen.
Zum Nachweis der Zahlungseinstellung kann der Insolvenzverwalter sich auf die vorstehenden Indizien berufen. Denn wenn die Zahlungseinstellung bewiesen ist, woraus die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft vermutet wird, ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz durch den Insolvenzverwalter nicht mehr notwendig.
In einem solchen Fall ist der Geschäftsführer jedoch nicht wehrlos. Da die Zahlungseinstellung nur von Indizien ausgeht, hat der Geschäftsführer zwei Möglichkeiten, er kann:
- die Indizien für die Zahlungseinstellung oder
- die Vermutung des §§ 17 Abs. 2 S. 2 InsO durch eine Liquiditätsbilanz erschüttern.
Die Behauptung einer Zahlungsunwilligkeit reicht nicht aus. Selbst wenn diese bewiesen ist, muss der Geschäftsführer beweisen, dass ein Liquiditätsbilanz im maßgebenden Zeitraum eine Deckungslücke von weniger als 10 v. H. auswies.