Ersteinschätzung: 0201.1029920
Kanzlei Tholl
  • Start­sei­te
  • Aktu­el­les
  • Anwalt
  • Arbeits­recht
    • Arbeits­recht
    • Auf­he­bungs­ver­trag
    • Kün­di­gung
  • Fir­men­in­sol­venz
    • 266a StGB
    • § 64 GmbHG
    • Bank­rott
    • Insol­venz­ver­schlep­pung
    • Insol­venz­an­fech­tung mit Video
  • Pri­vat­in­sol­venz
    • Pro­zess­kos­ten­hil­fe
    • rest­schuld­be­frei­ung nach 3 jahren
    • Schul­den­ver­gleich
  • Miet­recht
    • Eigen­be­darfs­kün­di­gung
  • Kon­takt
  • Suche
  • Menü Menü
Blog - Aktuelle Neuigkeiten
Urteil im Insolenzrecht

BGH, Beschluss vom 7. Sep­tem­ber 2022 – VII ZB 38/​21

1. November 2022/in Allgemein, Zwangsvollstreckung/von RA Dirk Tholl

Antrag auf Kon­kre­ti­sie­rung einer Aus­kunft nach § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO!

Vor­aus­sicht­li­che Lese­dau­er: 13 Minuten

BGH, Beschluss vom 7. Sep­tem­ber 2022 – VII ZB 38/​21

Die Ent­schei­dung

Tenor

Ein Antrag des Gläu­bi­gers an das Voll­stre­ckungs­ge­richt auf Kon­kre­ti­sie­rung der von dem Schuld­ner nach § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO zu ertei­len­den Aus­kunft in dem (Pfän­dungs- und) Über­wei­sungs­be­schluss oder einem die­sen ergän­zen­den Beschluss ist unzulässig.

Der VII. Zivil­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat am 7. Sep­tem­ber 2022 durch die Rich­ter Half­mei­er, Dr. Kartzke und Prof. Dr. Jur­ge­leit sowie die Rich­te­rin­nen Bor­ris und Dr. Brenneisen

beschlos­sen:

Die Rechts­be­schwer­de der Gläu­bi­ge­rin gegen den Beschluss des Land­ge­richts Ber­lin – Zivil­kam­mer 51 – vom 15. Juni 2021 wird auf ihre Kos­ten zurückgewiesen.

Grün­de:

[1] I. Die Gläu­bi­ge­rin betreibt gegen die Schuld­ne­rin die Zwangs­voll­stre­ckung aus einem Kos­ten­fest­set­zungs­be­schluss und der voll­streck­ba­ren Aus­fer­ti­gung eines Tabel­len­aus­zugs nach § 201 Abs. 2 InsO. Auf Antrag der Gläu­bi­ge­rin erließ das Amts­ge­richt – Voll­stre­ckungs­ge­richt – am 21. Okto­ber 2020 einen Pfän­dungs- und Über­wei­sungs­be­schluss, mit dem die fäl­li­gen und künf­tig fäl­li­gen Ansprü­che der Schuld­ne­rin gegen den Dritt­schuld­ner “aus Anwaltsvertrag/​Geschäftsbesorgungsvertrag” sowie Scha­dens­er­satz­an­sprü­che der Schuld­ne­rin aus Anwalts­haf­tung gepfän­det und der Gläu­bi­ge­rin zur Ein­zie­hung über­wie­sen wurden.

[2 ] Mit Schrei­ben vom 18. Janu­ar 2021 hat die Gläu­bi­ge­rin bean­tragt, den Pfän­dungs- und Über­wei­sungs­be­schluss um eine “Anord­nung nach § 836 Abs. 3 ZPO” zu ergän­zen, wonach die Schuld­ne­rin gegen­über dem zustän­di­gen Gerichts­voll­zie­her von der Gläu­bi­ge­rin im Ein­zel­nen vor­ge­ge­be­ne Fra­gen betref­fend die gepfän­de­ten, gegen den Dritt­schuld­ner gerich­te­ten Ansprü­che zu beant­wor­ten und ihre Anga­ben an Eides statt zu ver­si­chern habe. Das Amts­ge­richt – Voll­stre­ckungs­ge­richt – hat den Antrag abge­lehnt. Die hier­ge­gen ein­ge­leg­te Erin­ne­rung der Gläu­bi­ge­rin hat das Amts­ge­richt zurück­ge­wie­sen. Auch ihre gegen die­se Ent­schei­dung erho­be­ne sofor­ti­ge Beschwer­de ist ohne Erfolg geblie­ben. Mit der vom Beschwer­de­ge­richt zuge­las­se­nen Rechts­be­schwer­de ver­folgt die Gläu­bi­ge­rin ihr Anlie­gen weiter.

[3] II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statt­haf­te und auch im Übri­gen zuläs­si­ge Rechts­be­schwer­de ist nicht begründet.

[4] 1. Das Beschwer­de­ge­richt hat, soweit für das Rechts­be­schwer­de­ver­fah­ren von Inter­es­se aus­ge­führt, der Pfän­dungs- und Über­wei­sungs­be­schluss kön­ne nicht um eine Anord­nung ergänzt wer­den, durch die klar­ge­stellt wer­de, wel­che kon­kre­ten Aus­künf­te der Gerichts­voll­zie­her von der Schuld­ne­rin zur Gel­tend­ma­chung der gegen den Dritt­schuld­ner gerich­te­ten For­de­rung ein­zu­ho­len habe.

[5] Kom­me der Schuld­ner sei­ner Aus­kunfts­ver­pflich­tung nach § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO gegen­über dem Gläu­bi­ger nicht nach, kön­ne die­ser bei dem zustän­di­gen Gerichts­voll­zie­her bean­tra­gen, dass der Schuld­ner die Aus­kunft zu Pro­to­koll des Gerichts­voll­zie­hers erklä­re und an Eides statt ver­si­che­re. Eine Not­wen­dig­keit, den Aus­kunfts­an­spruch des Gläu­bi­gers in dem Pfän­dungs- und Über­wei­sungs­be­schluss voll­streck­bar aus­zu­wei­sen, bestehe nicht. Der Anspruch sei gesetz­li­che Fol­ge der Pfän­dung und Über­wei­sung der For­de­rung und wer­de durch deren kla­re und bestimm­te Beschrei­bung im Pfän­dungs- und Über­wei­sungs­be­schluss gegen­ständ­lich begrenzt und hin­rei­chend bestimmt bezeich­net. Dies gel­te unge­ach­tet des­sen, dass der Gläu­bi­ger gegen­über dem zustän­di­gen Gerichts­voll­zie­her Fra­gen benen­nen kön­ne, deren Beant­wor­tung in sei­nem beson­de­ren Inter­es­se liege.

[6] Soweit das Voll­stre­ckungs­ge­richt nach höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung auf Antrag des Gläu­bi­gers in dem das Haupt­recht pfän­den­den Beschluss die Mit­pfän­dung von Neben­rech­ten klar­stel­lend aus­spre­chen kön­ne, gel­te dies nicht glei­cher­ma­ßen für den Aus­kunfts­an­spruch. Zur Bewir­kung der Her­aus­ga­be von Urkun­den im Wege der Zwangs­voll­stre­ckung sei deren hin­rei­chend bestimm­te Bezeich­nung erfor­der­lich. Die Aus­kunfts­pflicht sei dage­gen durch die kla­re Bezeich­nung der gepfän­de­ten For­de­rung aus­rei­chend bestimmt. Inso­weit erlei­de der Gläu­bi­ger kei­nen Nach­teil. Wei­ge­re sich der Gerichts­voll­zie­her, die von dem Gläu­bi­ger gefor­der­ten Aus­künf­te bei dem Schuld­ner ein­zu­ho­len, kön­ne der Gläu­bi­ger Erin­ne­rung nach § 766 ZPO einlegen.

[7] 2. Das hält recht­li­cher Über­prü­fung stand.

[8] a) Nach § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist der Schuld­ner auf Grund der Über­wei­sung einer angeb­lich bestehen­den For­de­rung ver­pflich­tet, dem Gläu­bi­ger die zur Gel­tend­ma­chung der For­de­rung nöti­ge Aus­kunft zu ertei­len und die ihm über die For­de­rung vor­han­de­nen Urkun­den her­aus­zu­ge­ben. Die Vor­schrift soll dem Gläu­bi­ger die Ein­zie­hung der For­de­rung beim Dritt­schuld­ner erleich­tern. Die Aus­kunfts- und Her­aus­ga­be­pflicht dient sei­nem Inter­es­se, die zur Durch­set­zung der For­de­rung not­wen­di­gen Infor­ma­tio­nen zu erhal­ten. Der Gläu­bi­ger soll in die Lage ver­setzt wer­den, die Aus­sich­ten einer Dritt­schuld­ner­kla­ge zu über­prü­fen und not­falls eine sol­che exakt bezif­fern kön­nen. Unnö­ti­ge und risi­ko­be­haf­te­te Dritt­schuld­ner­kla­gen sol­len ver­mie­den wer­den (vgl. BGH, Beschluss vom

9. Febru­ar 2012 – VII ZB 49/​10 Rn. 7, BGHZ 192, 314; Beschluss vom

21. Febru­ar 2013 – VII ZB 59/​10 Rn. 5 m.w.N., MDR 2013, 548). Die Aus­kunfts­pflicht bezieht sich auf alle für die Ein­zie­hung der über­wie­se­nen For­de­rung erheb­li­chen Ein­zel­hei­ten, wie etwa Tat­sa­chen zum Grund oder zur Berech­nung der Höhe der For­de­rung oder zur Ent­kräf­tung von Ein­wen­dun­gen des Dritt­schuld­ners. Inhalt und Umfang die­ser Pflicht rich­ten sich inso­weit nach den jewei­li­gen Umstän­den des Ein­zel­falls (Musielak/​Voit/​Flockenhaus, ZPO, 19. Aufl., § 836 Rn. 6; Zöller/​Herget, ZPO, 34. Aufl., § 836 Rn. 10).

[9] b) Zu Recht sind die Vor­in­stan­zen davon aus­ge­gan­gen, dass das Voll­stre­ckungs­ge­richt nicht befugt ist, den Inhalt und Umfang der den Schuld­ner tref­fen­den Aus­kunfts­ver­pflich­tung nach § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO auf Antrag des Gläu­bi­gers durch Aus­kunfts- oder Offen­ba­rungs­an­ord­nun­gen in dem Über­wei­sungs­be­schluss oder einem die­sen ergän­zen­den Beschluss fest­zu­le­gen. Die Ent­schei­dung, ob eine von dem Gläu­bi­ger begehr­te Aus­kunft zur Gel­tend­ma­chung der For­de­rung gegen­über dem Dritt­schuld­ner nötig ist, obliegt nach dem Gesetz dem Gerichts­voll­zie­her. Der Antrag der Gläu­bi­ge­rin an das Voll­stre­ckungs­ge­richt, den Pfän­dungs- und Über­wei­sungs­be­schluss um einen an den Schuld­ner gerich­te­ten Fra­gen­ka­ta­log zu ergän­zen, ist des­halb unzu­läs­sig (Zöller/​Herget, ZPO, 34. Aufl., § 836 Rn. 15; Stöber/​Rellermeyer, For­de­rungs­pfän­dung, 17. Aufl., B. 264; Stö­ber, MDR 2001, 301, 303, 305; Wer­ten­bruch, DGVZ 2001, 65, 66; Schuschke/​Plücker in Schuschke/​Walker/​Kessen/​Thole, ZPO, 7. Aufl., § 836 Rn. 7, 16 f.; a.A. LG Ver­den, Beschluss vom 31. Mai 2002 – 1 T 54/​02, Jur­Bü­ro 2004, 499; Hor­nung, RPfle­ger 1998, 381, 400; Behr, Jur­Bü­ro 2004, 499, 501; Hint­zen in: Wolf/​Hintzen, Hand­buch der Mobi­li­ar­voll­stre­ckung, 2. Aufl., Teil E Kap A Rn. 58; Steder in: Kel­ler, Hand­buch Zwangs­voll­stre­ckungs­recht, 2013, A. Pfän­dung von For­de­run­gen – All­ge­mein Rn. 347).

[10] aa) Gemäß § 836 Abs. 3 Satz 2 ZPO hat ein Schuld­ner, der sei­ner Aus­kunfts­ver­pflich­tung nach § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO gegen­über dem Gläu­bi­ger nicht nach­kommt, die Aus­kunft auf Antrag des Gläu­bi­gers zu Pro­to­koll zu geben und sei­ne Anga­ben an Eides statt zu ver­si­chern. Die­ses Ver­fah­ren zur Erlan­gung der nöti­gen Aus­künf­te des Schuld­ners ist im Zuge der 2. Zwangs­voll­stre­ckungs­rechts­no­vel­le (Zwei­tes Gesetz zur Ände­rung zwangs­voll­stre­ckungs­recht­li­cher Vor­schrif­ten vom 17. Dezem­ber 1997, BGBl. I S. 3039 ff.) ein­ge­führt wor­den, um dem Gläu­bi­ger bei Mei­dung eines zeit- und kos­ten­in­ten­si­ven Kla­ge­ver­fah­rens eine beschleu­nig­te Durch­set­zung sei­nes Aus­kunfts­an­spruchs im Rah­men der Zwangs­voll­stre­ckung zu ermög­li­chen (vgl. BT-Drucks. 13/​341, S. 11, 35 zu § 836 Abs. 3 Satz 2 ZPO i.d.F. vom 17. Dezem­ber 1997). Durch das Gesetz zur Reform der Sach­auf­klä­rung in der Zwangs­voll­stre­ckung vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2258) ist die­ses Ver­fah­ren an die zeit­gleich Gesetz gewor­de­nen Vor­schrif­ten betref­fend die Abga­be der Ver­mö­gens­aus­kunft des Schuld­ners (§§ 802a ff. ZPO) ange­passt wor­den, im Kern aber unver­än­dert geblie­ben (vgl. BT-Drucks. 16/​10069, S. 35). Zustän­dig für die Pro­to­kol­lie­rung der Aus­künf­te des Schuld­ners und die sich dar­an anschlie­ßen­de Abnah­me der eides­statt­li­chen Ver­si­che­rung ist nach § 836 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 802e ZPO der Gerichts­voll­zie­her. Die­ser hat nach § 836 Abs. 3 Satz 2 ZPO dar­über zu befin­den, ob eine von dem Gläu­bi­ger begehr­te Aus­kunft zur Gel­tend­ma­chung der über­wie­se­nen For­de­rung im Sin­ne von § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO nötig ist oder nicht (vgl. Wer­ten­bruch, DGVZ 2001, 65, 66 zu § 836 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. §§ 899 ff. ZPO i.d.F. vom 17. Dezem­ber 1997; im Ergeb­nis eben­so: David, MDR 2000, 195, 196 f.; Schuschke/​Plücker in Schuschke/​Walker/​Kessen/​Thole, ZPO, 7. Aufl., § 836 Rn. 17).

[11] Die­se Prü­fung kann erst – nach Erlass des Pfän­dungs- und Über­wei­sungs­be­schlus­ses – auf der Grund­la­ge der Aus­kunft des Schuld­ners zum Bestehen der gepfän­de­ten und über­wie­se­nen angeb­li­chen For­de­rung erfol­gen. Erklärt der Schuld­ner bei­spiels­wei­se, dass die­se For­de­rung nicht besteht, kön­nen sich – je nach den Umstän­den – wei­ter­ge­hen­de Fra­gen erüb­ri­gen. Dem Voll­stre­ckungs­ge­richt, das mit dem Erlass des Pfän­dungs- und Über­wei­sungs­be­schlus­ses erst die Grund­la­ge für den Aus­kunfts­an­spruch nach § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO schafft und den Schuld­ner vor der Pfän­dung grund­sätz­lich nicht anhört (§ 834 ZPO), ist unbe­kannt, wie sich der Schuld­ner zum Bestehen der angeb­li­chen For­de­rung äußern wird. Es könn­te des­halb nur hypo­the­ti­sche Fra­gen for­mu­lie­ren, deren Bedeu­tung unge­wiss ist. Gera­de das hat der Gesetz­ge­ber nicht gewollt. Er hat viel­mehr ein pra­xis­na­hes Ver­fah­ren geschaf­fen, in dem der Gerichts­voll­zie­her im Rah­men der Pro­to­kol­lie­rung und Abga­be der eides­statt­li­chen Ver­si­che­rung fle­xi­bel und sach­ge­recht auf die Erklä­run­gen des Schuld­ners reagie­ren kann.

[12] Eine Zustän­dig­keit des Voll­stre­ckungs­ge­richts in die­sem Zusam­men­hang wider­sprä­che zudem dem erklär­ten Ziel des Gesetz­ge­bers der 2. Zwangs­voll­stre­ckungs­rechts­no­vel­le, durch die Ver­la­ge­rung von Kom­pe­ten­zen auf die Gerichts­voll­zie­her eine Ent­las­tung der Voll­stre­ckungs­ge­rich­te her­bei­zu­füh­ren (vgl. BT-Drucks. 13/​341, S. 12 f.).

[13] bb) Soweit die Rechts­be­schwer­de meint, es sei gebo­ten, die zur Gel­tend­ma­chung der gepfän­de­ten For­de­rung nöti­gen Aus­künf­te in den Über­wei­sungs­be­schluss oder in einen die­sen ergän­zen­den Beschluss auf­zu­neh­men, um dem Gläu­bi­ger die zwangs­wei­se Durch­set­zung der Aus­kunfts­ver­pflich­tung in dem Ver­fah­ren nach § 836 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu ermög­li­chen, ist die­ser Ein­wand ange­sichts der Sys­te­ma­tik und Zustän­dig­keits­ver­tei­lung des Geset­zes und der sich dar­aus erge­ben­den Kom­pe­ten­zen des Gerichts­voll­zie­hers unbe­grün­det; er ist zudem inhalt­lich unzutreffend:

[14] (1) Die Aus­kunfts­ver­pflich­tung des Schuld­ners nach § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist – wie das Beschwer­de­ge­richt zu Recht aus­führt – unmit­tel­ba­re gesetz­li­che Fol­ge einer wirk­sa­men Über­wei­sung der gegen den Dritt­schuld­ner gerich­te­ten For­de­rung (vgl. Stö­ber, MDR 2001, 301, 303). Der erlas­se­ne Über­wei­sungs­be­schluss belegt für die­sen Fall, dass dem Gläu­bi­ger hin­sicht­lich der über­wie­se­nen For­de­rung ein ent­spre­chen­der Aus­kunfts­an­spruch gegen den Schuld­ner zusteht, und bil­det neben dem gegen den Schuld­ner gerich­te­ten Voll­stre­ckungs­ti­tel als “ergän­zen­der Titel” die Grund­la­ge für die Durch­set­zung die­ses Anspruchs (vgl. BT-Drucks. 13/​341, S. 35; BT-Drucks. 16/​10069, S. 35; vgl. auch Stö­ber, MDR 2001, 301, 303).

[15] Auch bedarf es für die zwangs­wei­se Durch­set­zung der Aus­kunfts­ver­pflich­tung des Schuld­ners nach § 836 Abs. 3 Satz 2 ZPO kei­ner inhalt­li­chen Prä­zi­sie­rung der zu ertei­len­den Aus­künf­te in dem Über­wei­sungs­be­schluss. Der Aus­kunfts­an­spruch bezieht sich auf die von der Über­wei­sung erfass­te For­de­rung des Schuld­ners gegen den Dritt­schuld­ner. Die­se For­de­rung ist in dem Über­wei­sungs­be­schluss – eben­so wie in dem zugrun­de­lie­gen­den Pfän­dungs­be­schluss – so bestimmt zu bezeich­nen, dass fest­steht, wel­cher Anspruch Gegen­stand der Zwangs­voll­stre­ckung ist (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 25. März 2010 – VII ZB 11/​08 Rn. 9 m.w.N., Jur­Bü­ro 2010, 440 zu Pfän­dungs­be­schlüs­sen). Wird die­sem Erfor­der­nis Rech­nung getra­gen, ist der Gegen­stand der Aus­kunfts­pflicht nach § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO hin­rei­chend bestimmt (vgl. Stö­ber, MDR 2001, 301, 302, 304).

[16] (2) Zudem besteht kein prak­ti­sches Bedürf­nis für eine “dekla­ra­to­ri­sche” Benen­nung der nöti­gen Aus­künf­te in einem Über­wei­sungs­be­schluss, um dem Gerichts­voll­zie­her eine Ori­en­tie­rungs­hil­fe zu geben (sie­he II. 2. b) aa)).

[17] Es steht dem Gläu­bi­ger, der von dem Schuld­ner die zur Gel­tend­ma­chung der gegen den Dritt­schuld­ner gerich­te­ten For­de­rung nöti­gen Aus­künf­te nicht erhält, außer­dem frei, bei Beauf­tra­gung des Gerichts­voll­zie­hers mit der Durch­füh­rung des Ver­fah­rens nach § 836 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Fra­gen auf­zu­lis­ten, die sei­nes Erach­tens für die Durch­set­zung der über­wie­se­nen For­de­rung erfor­der­lich sind (vgl. David, MDR 2000, 195 f.; HK-ZV/­Bendt­sen, 4. Aufl., § 836 Rn. 20). Zusätz­lich kann er – wie sich aus § 836 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 802f Abs. 4 Satz 2, § 802i Abs. 1 Satz 3 ZPO ergibt – grund­sätz­lich an dem Ter­min zur Abga­be der Aus­kunft und eides­statt­li­chen Ver­si­che­rung durch den Schuld­ner teil­neh­men und dar­auf hin­wir­ken, dass die­ser dem Gerichts­voll­zie­her die aus Sicht des Gläu­bi­gers nöti­gen Aus­künf­te erteilt.

[18] cc) Schließ­lich kann ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Rechts­be­schwer­de aus der Recht­spre­chung des Senats, wonach die von dem Schuld­ner nach § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO her­aus­zu­ge­ben­den Urkun­den über die über­wie­se­ne For­de­rung auf Ver­lan­gen des Gläu­bi­gers in dem Über­wei­sungs­be­schluss im Ein­zel­nen zu bezeich­nen sind (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2006 – VII ZB 142/​05 Rn. 9, MDR 2007, 50; Beschluss vom 9. Febru­ar 2012 – VII ZB 49/​10 Rn. 19, BGHZ 192, 314; Beschluss vom 21. Febru­ar 2013 – VII ZB 59/​10 Rn. 10, MDR 2013, 548), nicht abge­lei­tet wer­den, dass Ent­spre­chen­des auch für die von dem Schuld­ner an den Gläu­bi­ger zu ertei­len­de Aus­kunft zu gel­ten habe.

[19] Die von der Rechts­be­schwer­de in Bezug genom­me­ne Recht­spre­chung des Senats fin­det ihre Recht­fer­ti­gung dar­in, dass der Her­aus­ga­be­an­spruch des Gläu­bi­gers nach § 836 Abs. 3 Satz 5 i.V.m. § 883 ZPO zu voll­stre­cken ist, sofern der Schuld­ner dem Gläu­bi­ger her­aus­zu­ge­ben­den Urkun­den nicht frei­wil­lig über­gibt. Für die Voll­stre­ckung eines auf bestimm­te Urkun­den gerich­te­ten Her­aus­ga­be­an­spruchs nach § 883 Abs. 1 ZPO ist im Grund­satz aner­kannt, dass sich aus dem der Voll­stre­ckung zugrun­de lie­gen­den Titel im Ein­zel­nen erge­ben muss, wel­che Urkun­den her­aus­zu­ge­ben sind, da es nicht dem Voll­stre­ckungs­or­gan über­las­sen blei­ben kann, aus einer Viel­zahl von im Gewahr­sam des Schuld­ners befind­li­chen Schrift­stü­cken die­je­ni­gen her­aus­zu­su­chen, die von dem titu­lier­ten Leis­tungs­an­spruch des Gläu­bi­gers umfasst sind (vgl. BGH, Urteil vom 26. Janu­ar 1983 – IVb ZR 355/​81, MDR 1983, 650, juris Rn. 10 f.; OLG Cel­le, Beschluss vom 4. April 2014 – 4 W 55/​14, MDR 2014, 1170, juris Rn. 5). Dies erfor­dert es, die von dem Schuld­ner nach § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO her­aus­zu­ge­ben­den Unter­la­gen in dem Über­wei­sungs­be­schluss im Ein­zel­nen zu benen­nen. Die­se Grund­sät­ze las­sen sich auf den hier maß­geb­li­chen Sach­ver­halt nicht über­tra­gen, da der Aus­kunfts­an­spruch des Gläu­bi­gers aus § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO in dem Ver­fah­ren auf Abga­be einer eides­statt­li­chen Ver­si­che­rung nach § 836 Abs. 3 Satz 2 bis 4 ZPO zwangs­wei­se durch­zu­set­zen ist, in des­sen Rah­men – wie dar­ge­legt (sie­he II. 2. b) aa)) – der Gerichts­voll­zie­her – vor­be­halt­lich einer gericht­li­chen Über­prü­fung – in ähn­li­cher Wei­se wie im Fall von § 802c Abs. 2

Satz 2 ZPO dar­über zu befin­den hat, wel­che Aus­künf­te im Zwei­fel zur Gel­tend­ma­chung der For­de­rung des Gläu­bi­gers erfor­der­lich sind.

[20] III. Die Kos­ten­ent­schei­dung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

1. Novem­ber 2022
Schlagworte: Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, Zwangsvollstreckung
Rechtsanwwalt Dirk Tholl

Rechtsanwalt Dirk Tholl
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht

Kanz­lei Dirk Tholl

Kanzlei Dirk Tholl | Fachanwalt Insolvenzrecht & Arbeitsrecht
Huyssenallee 85
45128 Essen
Telefon: 02011029920
Email: info@kanzlei-tholl.de

Kanz­lei THOLL

Kanzlei Dirk Tholl | Fachanwalt Insolvenzrecht & Arbeitsrecht
Huyssenallee 85
45128 Essen
Telefon: 02011029920
Email: info@kanzlei-tholl.de
URL: https://kanzlei-tholl.de/

Montag08:30 - 18:00
Dienstag08:30 - 18:00
Mittwoch08:30 - 18:00
Donnerstag08:30 - 18:00
Freitag08:30 - 15:00
Samstaggeschlossen
Sonntaggeschlossen

Aktu­el­les

  • Insolvenzxen­dis Ver­sand­lo­gis­tik GmbH – Kündigungen1. Januar 2023 - 14:25
  • InsolvenzFAKT Tower GmbH & Co. KG26. Dezember 2022 - 13:51
  • InsolvenzFAKT Ruhr­al­lee 80 GmbH26. Dezember 2022 - 13:33
  • InsolvenzHar­fid Hoch­bau GmbH24. Dezember 2022 - 14:00
  • Urteil im Insolenzrecht129 InsO – Grund­la­gen und Rechtsprechung20. Dezember 2022 - 09:23
  • Urteil im InsolenzrechtAsset Pro­tec­tion als Ver­mö­gens­schutz und Absi­che­rung der Fami­lie im Insolvenzverfahren30. November 2022 - 19:53
  • InsolvenzanfechtungdomoskanonosInkon­gru­en­te Deckung7. November 2022 - 17:33
  • Urteil im InsolenzrechtOLG Dres­den, Urteil vom 9.8.2022 – 4 U 243/​227. November 2022 - 10:00
  • Urteil im InsolenzrechtAG Nor­der­stedt, Beschl. vom 15.9.2022 – 66 IN 90/​193. November 2022 - 09:41
  • Urteil im InsolenzrechtBGH, Beschluss vom 7. Sep­tem­ber 2022 – VII ZB 38/​211. November 2022 - 18:11
© Copyright - Rechtsanwalt Dirk Tholl
  • Impres­sum
  • Daten­schutz­er­klä­rung
Nach oben scrollen

Diese Website benutzt Cookies. Wenn Sie die Website weiter nutzen, gehen wir von Ihrem Einverständnis aus.

Alle Cookies akzeptierenDatenschutzerklärung×

Cookie- und Datenschutzeinstellungen



Wie wir Cookies verwenden

Wir können Cookies anfordern, die auf Ihrem Gerät eingestellt werden. Wir verwenden Cookies, um uns mitzuteilen, wenn Sie unsere Websites besuchen, wie Sie mit uns interagieren, Ihre Nutzererfahrung verbessern und Ihre Beziehung zu unserer Website anpassen.

Klicken Sie auf die verschiedenen Kategorienüberschriften, um mehr zu erfahren. Sie können auch einige Ihrer Einstellungen ändern. Beachten Sie, dass das Blockieren einiger Arten von Cookies Auswirkungen auf Ihre Erfahrung auf unseren Websites und auf die Dienste haben kann, die wir anbieten können.

Notwendige Website Cookies

Diese Cookies sind unbedingt erforderlich, um Ihnen die auf unserer Webseite verfügbaren Dienste und Funktionen zur Verfügung zu stellen.

Da diese Cookies für die auf unserer Webseite verfügbaren Dienste und Funktionen unbedingt erforderlich sind, hat die Ablehnung Auswirkungen auf die Funktionsweise unserer Webseite. Sie können Cookies jederzeit blockieren oder löschen, indem Sie Ihre Browsereinstellungen ändern und das Blockieren aller Cookies auf dieser Webseite erzwingen. Sie werden jedoch immer aufgefordert, Cookies zu akzeptieren / abzulehnen, wenn Sie unsere Website erneut besuchen.

Wir respektieren es voll und ganz, wenn Sie Cookies ablehnen möchten. Um zu vermeiden, dass Sie immer wieder nach Cookies gefragt werden, erlauben Sie uns bitte, einen Cookie für Ihre Einstellungen zu speichern. Sie können sich jederzeit abmelden oder andere Cookies zulassen, um unsere Dienste vollumfänglich nutzen zu können. Wenn Sie Cookies ablehnen, werden alle gesetzten Cookies auf unserer Domain entfernt.

Wir stellen Ihnen eine Liste der von Ihrem Computer auf unserer Domain gespeicherten Cookies zur Verfügung. Aus Sicherheitsgründen können wie Ihnen keine Cookies anzeigen, die von anderen Domains gespeichert werden. Diese können Sie in den Sicherheitseinstellungen Ihres Browsers einsehen.

Google Analytics Cookies

Diese Cookies sammeln Informationen, die uns - teilweise zusammengefasst - dabei helfen zu verstehen, wie unsere Webseite genutzt wird und wie effektiv unsere Marketing-Maßnahmen sind. Auch können wir mit den Erkenntnissen aus diesen Cookies unsere Anwendungen anpassen, um Ihre Nutzererfahrung auf unserer Webseite zu verbessern.

Wenn Sie nicht wollen, dass wir Ihren Besuch auf unserer Seite verfolgen können Sie dies hier in Ihrem Browser blockieren:

Andere externe Dienste

Wir nutzen auch verschiedene externe Dienste wie Google Webfonts, Google Maps und externe Videoanbieter. Da diese Anbieter möglicherweise personenbezogene Daten von Ihnen speichern, können Sie diese hier deaktivieren. Bitte beachten Sie, dass eine Deaktivierung dieser Cookies die Funktionalität und das Aussehen unserer Webseite erheblich beeinträchtigen kann. Die Änderungen werden nach einem Neuladen der Seite wirksam.

Google Webfont Einstellungen:

Google Maps Einstellungen:

Google reCaptcha Einstellungen:

Vimeo und YouTube Einstellungen:

Andere Cookies

Die folgenden Cookies werden ebenfalls gebraucht - Sie können auswählen, ob Sie diesen zustimmen möchten:

Datenschutzrichtlinie

Sie können unsere Cookies und Datenschutzeinstellungen im Detail in unseren Datenschutzrichtlinie nachlesen.

Daten­schutz­er­klä­rung
Nur notwendige CookiesAlle Cookies akzeptierenNicht akzeptieren