Insolvenzverschleppung
Die Insolvenzverschleppung stellt einen der schwerwiegendsten Straftatbestände im deutschen Wirtschaftsrecht dar. Als erfahrene Fachanwälte für Insolvenzrecht in Essen begleiten wir seit über zwei Jahrzehnten Geschäftsführer und Vorstände durch die komplexen rechtlichen Herausforderungen einer Unternehmenskrise. Gerade im wirtschaftsstarken Ruhrgebiet, wo vom traditionsreichen Familienunternehmen in Rüttenscheid bis zum innovativen Start-up im Essener Südviertel eine vielfältige Unternehmenslandschaft existiert, ist die frühzeitige rechtliche Beratung essentiell.
Denn wer als Geschäftsführer die gesetzliche Pflicht zur rechtzeitigen Insolvenzantragstellung verletzt, riskiert nicht nur eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Darüber hinaus droht die persönliche und unbeschränkte Haftung für entstandene Schäden. Unsere Kanzlei am Essener Kennedyplatz hat bereits zahlreiche Mandanten erfolgreich vor den Insolvenzgerichten in Essen und Duisburg vertreten. Dabei profitieren unsere Mandanten von unserer langjährigen Expertise sowohl in der präventiven Beratung zur Vermeidung einer Strafbarkeit als auch in der Verteidigung in bereits eingeleiteten Ermittlungsverfahren im Strafrecht.
Mit diesem umfassenden Leitfaden möchten wir Ihnen die rechtlichen Grundlagen der Insolvenzverschleppung verständlich erläutern. Gleichzeitig zeigen wir Ihnen konkrete Handlungsoptionen auf, die Ihnen helfen, rechtssicher durch eine Unternehmenskrise zu navigieren.
1. Rechtliche Grundlagen der Insolvenzverschleppung nach § 15a InsO
Die zentrale Norm des § 15a Insolvenzordnung
Die Insolvenzverschleppung ist primär in § 15a der Insolvenzordnung geregelt. Diese Vorschrift normiert die Pflicht zur rechtzeitigen Stellung eines Insolvenzantrags für Mitglieder von Vertretungsorganen juristischer Personen. Seit der umfassenden Reform durch das MoMiG im Jahr 2008 sind die Strafvorschriften direkt in § 15a InsO integriert und vereinheitlicht. Vorher fanden sich die entsprechenden Regelungen verstreut in verschiedenen Spezialgesetzen wie dem GmbHG oder AktG. Diese Vereinheitlichung hat die Rechtslage erheblich vereinfacht und steht in engem Zusammenhang mit der Geschäftsführerhaftung.
Die Schutzrichtung der Norm
Der Gesetzgeber verfolgt mit der Strafbarkeit der Insolvenzverschleppung mehrere Schutzzwecke. Zunächst sollen die Gläubiger vor weiteren Vermögensverlusten geschützt werden. Außerdem dient die Norm dem Schutz des allgemeinen Wirtschaftsverkehrs und der Funktionsfähigkeit des Kreditsystems. Wenn Unternehmen trotz Insolvenzreife weiter am Markt agieren, entstehen Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten gesunder Unternehmen. Deshalb hat der Bundesgerichtshof die Norm als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB qualifiziert. Dies eröffnet geschädigten Gläubigern direkte Schadensersatzansprüche gegen säumige Geschäftsführer.
Strafrahmen und Sanktionen
Die vorsätzliche Insolvenzverschleppung wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Bei fahrlässiger Begehung reduziert sich der Strafrahmen auf ein Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. In der Praxis der Essener Gerichte zeigt sich, dass die Staatsanwaltschaft Essen verstärkt auch fahrlässige Tatbegehungen verfolgt. Neben den strafrechtlichen Konsequenzen drohen erhebliche zivilrechtliche Haftungsfolgen, die im Kontext einer Firmeninsolvenz die wirtschaftliche Existenz des Geschäftsführers nachhaltig gefährden können.
2. Der Täterkreis: Wer ist zur Insolvenzantragstellung verpflichtet?
Organmitglieder juristischer Personen
Die Antragspflicht trifft primär die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen. Bei einer GmbH ist dies der Geschäftsführer, bei einer Aktiengesellschaft der Vorstand. Auch die Geschäftsführer einer Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt) unterliegen dieser Pflicht. Bei Genossenschaften sind die Vorstandsmitglieder antragspflichtig. Besonders relevant für das Ruhrgebiet mit seinen zahlreichen mittelständischen Unternehmen: Bei der GmbH & Co. KG trifft die Pflicht die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Diese Konstellation findet sich häufig bei Unternehmen, die später in eine Firmeninsolvenz geraten.
Faktische Geschäftsführer und Scheingeschäftsführer
Die Rechtsprechung des BGH hat den Täterkreis erweitert. Auch faktische Geschäftsführer unterliegen der Antragspflicht. Dies betrifft Personen, die ohne formelle Bestellung die Geschicke der Gesellschaft tatsächlich lenken. Sie treten nach außen maßgeblich auf und treffen die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen. Gerade in Essener Familienunternehmen kommt es vor, dass Gesellschafter ohne formelle Bestellung faktisch die Geschäftsführung übernehmen. Diese Personen müssen sich ihrer rechtlichen Verantwortung bewusst sein. Der Scheingeschäftsführer hingegen, der nur formal bestellt ist aber keine tatsächliche Leitungsmacht ausübt, kann sich nicht auf seine fehlende Entscheidungsbefugnis berufen.
Liquidatoren und ausländische Gesellschaften
Auch Liquidatoren in der Abwicklungsphase einer Gesellschaft sind antragspflichtig. Sobald sie Kenntnis von der Insolvenzreife erlangen, müssen sie unverzüglich handeln. Für ausländische Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland gilt deutsches Insolvenzrecht. Dies betrifft beispielsweise die englische Limited oder die niederländische B.V., wenn diese ihren tatsächlichen Verwaltungssitz im Essener Stadtgebiet haben. Die Geschäftsleiter dieser Gesellschaften unterliegen dann ebenfalls der Antragspflicht nach § 15a InsO, was nicht selten zum Straftatbestand des Bankrotts führen kann.
3. Zahlungsunfähigkeit als Insolvenzgrund: Definition und Feststellung
Die gesetzliche Definition nach § 17 InsO
Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dies wird regelmäßig angenommen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Die Rechtsprechung hat diese abstrakte Definition durch konkrete Kriterien präzisiert. Entscheidend ist eine Liquiditätsbilanz, die alle fälligen Verbindlichkeiten den verfügbaren liquiden Mitteln gegenüberstellt. Dies spielt auch eine zentrale Rolle bei der Geschäftsführerhaftung.
Die 10-Prozent-Schwelle und Drei-Wochen-Frist
Der BGH hat in ständiger Rechtsprechung eine praktikable Abgrenzung entwickelt. Danach liegt Zahlungsunfähigkeit vor, wenn eine Liquiditätslücke von mindestens 10 Prozent der fälligen Gesamtverbindlichkeiten besteht. Diese Lücke darf zudem nicht innerhalb von drei Wochen geschlossen werden können. Beträgt die Liquiditätslücke weniger als 10 Prozent, wird Zahlungsfähigkeit vermutet. Bei einer Lücke von 10 Prozent oder mehr greift die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit. Diese kann nur durch eine detaillierte Finanzplanung widerlegt werden. Für Unternehmen im Essener Norden, die stark von der Stahlindustrie abhängen, kann eine präzise Liquiditätsplanung überlebenswichtig sein.
Praktische Feststellung und Beweisführung
Die Ermittlung des genauen Zeitpunkts der Zahlungsunfähigkeit erfordert häufig ein betriebswirtschaftliches Gutachten. Dabei werden alle fälligen Verbindlichkeiten erfasst, auch gestundete oder geringfügige Beträge. Auf der Aktivseite stehen Kassenbestände, Bankguthaben und kurzfristig liquidierbare Vermögenswerte. Die Essener Staatsanwaltschaft zieht regelmäßig Sachverständige heran, um den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu bestimmen. Deshalb empfiehlt sich bereits in der Krise die Erstellung eines belastbaren Liquiditätsstatus durch einen erfahrenen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer. Diese Dokumentation kann später entlastend wirken und vor dem Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt schützen.
4. Überschuldung nach § 19 InsO: Die zweistufige Prüfung
Rechnerische Überschuldung als erste Stufe
Die Überschuldung ist ein spezifischer Insolvenzgrund für juristische Personen. Nach § 19 Abs. 2 InsO liegt Überschuldung vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Zunächst wird ein Überschuldungsstatus erstellt. Dabei erfolgt die Bewertung des Vermögens zu Liquidationswerten, nicht zu Buchwerten. Stille Reserven sind aufzudecken, auch nicht bilanzierungsfähige Vermögenswerte wie selbst geschaffene Patente sind einzubeziehen. Rangrücktrittsvereinbarungen können die Passivseite entlasten und eine rechnerische Überschuldung verhindern. Diese komplexe Prüfung ist ein Kernbereich unserer insolvenzrechtlichen Beratung.
Die positive Fortführungsprognose als Korrektiv
Selbst bei rechnerischer Überschuldung kann die Insolvenzantragspflicht abgewendet werden. Voraussetzung ist eine positive Fortführungsprognose. Diese verlangt zweierlei: Erstens muss der ernsthafte Wille zur Unternehmensfortführung bestehen. Zweitens muss die objektive Überlebensfähigkeit des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich sein. Die Prognose muss auf einem schlüssigen Sanierungskonzept basieren. Der Prognosezeitraum erstreckt sich regelmäßig über 12 bis 24 Monate. Für Unternehmen in Essen-Werden oder Essen-Bredeney mit stabiler Vermögenslage kann eine fundierte Fortführungsprognose die Insolvenzantragspflicht abwenden.
Anforderungen an die Prognose
Der BGH stellt hohe Anforderungen an die Fortführungsprognose. Ein realistischer Finanz- und Ertragsplan ist unerlässlich. Bloße Hoffnung auf Besserung genügt nicht. Die Prognose muss konkrete Maßnahmen zur Überwindung der Krise aufzeigen. Dazu gehören beispielsweise bereits zugesagte Gesellschafterdarlehen, konkrete Auftragseingänge oder verbindliche Finanzierungszusagen. Die Beweislast für das Vorliegen einer positiven Fortführungsprognose trägt der Geschäftsführer. Deshalb sollte die Prognose schriftlich dokumentiert und durch externe Berater validiert werden, um spätere Vorwürfe wegen Bankrott zu vermeiden.
5. Die Drei-Wochen-Frist und ihre Bedeutung für die Praxis
Unverzügliche Antragstellung als Grundsatz
Nach § 15a Abs. 1 InsO muss der Insolvenzantrag ohne schuldhaftes Zögern gestellt werden. Die Drei-Wochen-Frist ist dabei die absolute Höchstgrenze. Sie beginnt mit Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Allerdings darf diese Frist nicht automatisch ausgeschöpft werden. Ist bereits bei Insolvenzreife erkennbar, dass eine Sanierung aussichtslos ist, muss der Antrag sofort gestellt werden. Dies gilt insbesondere im Kontext der Geschäftsführerhaftung.
Zulässige Sanierungsbemühungen innerhalb der Frist
Die Drei-Wochen-Frist soll ernsthafte Sanierungsbemühungen ermöglichen. Zulässig sind konkrete Verhandlungen mit Gläubigern über einen Vergleich oder Zahlungsaufschub. Auch die Suche nach einem Investor oder die Verhandlung über Überbrückungskredite rechtfertigt das Zuwarten. Entscheidend ist die objektive Erfolgsaussicht der Maßnahmen. Die bloße Hoffnung auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage genügt nicht. Unternehmen aus dem Essener Mittelstand sollten diese Zeit intensiv nutzen, um mit Unterstützung spezialisierter Berater alle Sanierungsoptionen zu prüfen und eine drohende Firmeninsolvenz abzuwenden.
Dokumentation und Beweislast
Der Geschäftsführer trägt die Beweislast dafür, dass das Zuwarten gerechtfertigt war. Deshalb ist eine lückenlose Dokumentation aller Sanierungsbemühungen essentiell. Protokolle von Gläubigerverhandlungen, Schriftwechsel mit potentiellen Investoren und Beratungsprotokolle sollten sorgfältig archiviert werden. Die Staatsanwaltschaft Essen prüft im Ermittlungsverfahren akribisch, ob die Frist rechtmäßig genutzt wurde. Eine professionelle Dokumentation kann den Unterschied zwischen Freispruch und Verurteilung bedeuten. Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, rechtssichere Nachweise zu erstellen.
6. Vorsatz und Fahrlässigkeit: Der subjektive Tatbestand
Vorsätzliche Insolvenzverschleppung
Vorsatz setzt voraus, dass der Geschäftsführer die Insolvenzreife kennt oder zumindest für möglich hält. Auch bedingter Vorsatz genügt, wenn der Täter die Insolvenzreife billigend in Kauf nimmt. In der Praxis kommt es häufig vor, dass Geschäftsführer die eindeutigen Warnsignale ignorieren. Wer trotz leerer Kassen und drängender Gläubiger keinen Insolvenzantrag stellt, handelt vorsätzlich. Ein Irrtum über die rechtliche Antragspflicht schützt regelmäßig nicht vor Strafe. Der BGH qualifiziert dies meist als vermeidbaren Verbotsirrtum. Gerade in wirtschaftsstarken Regionen wie Essen-Rüttenscheid oder Essen-Stadtwald sollten Geschäftsführer frühzeitig rechtlichen Rat einholen.
Fahrlässige Tatbegehung
Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Geschäftsführer die Insolvenzreife bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können. Ein ordentlicher Kaufmann muss die wirtschaftliche Lage seines Unternehmens kontinuierlich überwachen. In der Krise verdichtet sich diese Pflicht zu einer engmaschigen Kontrolle. Wer keine Liquiditätsplanung führt oder die Buchhaltung vernachlässigt, handelt fahrlässig. Selbst die Beauftragung qualifizierter Berater entbindet nicht vollständig von der Verantwortung. Der Geschäftsführer muss deren Ergebnisse zumindest auf Plausibilität prüfen. Die Essener Gerichte legen einen strengen Maßstab an die kaufmännische Sorgfalt an. Ähnlich streng wird auch das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt geahndet.
Entlastung durch professionelle Beratung
Die Einschaltung von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern oder spezialisierten Rechtsanwälten kann entlastend wirken. Voraussetzung ist, dass die Berater vollständig und richtig informiert wurden. Außerdem muss deren Rat plausibel erscheinen. Wer offensichtlich fehlerhafte Gutachten ungeprüft übernimmt, kann sich nicht auf Vertrauen berufen. Dokumentieren Sie deshalb alle Beratungsgespräche sorgfältig. Unsere Kanzlei am Kennedyplatz in Essen erstellt rechtssichere Stellungnahmen zur Insolvenzreife, auf die Sie sich verlassen können. Diese Expertise ist besonders wichtig im Rahmen unserer umfassenden Insolvenzrechtsberatung.
7. Zivilrechtliche Haftungsfolgen neben der Strafbarkeit
Persönliche Haftung nach § 15b InsO
Neben strafrechtlichen Konsequenzen drohen erhebliche zivilrechtliche Haftungsrisiken. Nach § 15b InsO haftet der Geschäftsführer persönlich für Zahlungen nach Insolvenzreife. Dies betrifft alle Zahlungen, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind. Ausgenommen sind nur Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs im Rahmen einer ernsthaften Sanierung. Die Haftung ist verschuldensunabhängig und kann existenzvernichtend sein. Besonders tückisch: Die Verjährungsfrist beträgt zehn Jahre. Ehemalige Geschäftsführer Essener Unternehmen wurden noch Jahre nach ihrer Amtszeit zur Kasse gebeten. Diese Haftungsproblematik ist ein Kernthema der Geschäftsführerhaftung.
Schadensersatzansprüche der Gläubiger
Da § 15a InsO ein Schutzgesetz ist, können geschädigte Gläubiger direkte Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB geltend machen. Neugläubiger, die nach Insolvenzreife Verträge geschlossen haben, können den vollen Schaden ersetzt verlangen. Altgläubiger können den Quotenschaden geltend machen. Dies ist die Differenz zwischen der tatsächlichen und der hypothetischen Insolvenzquote bei rechtzeitiger Antragstellung. In der Praxis des Landgerichts Essen werden regelmäßig sechsstellige Schadensersatzbeträge zugesprochen. Die persönliche Haftung ist nicht versicherbar und trifft das Privatvermögen des Geschäftsführers.
Weitere Haftungstatbestände
Zusätzlich drohen Ansprüche aus Insolvenzverschleppungsschaden nach allgemeinem Deliktsrecht. Auch die Haftung für Sozialversicherungsbeiträge und Steuern kann den Geschäftsführer persönlich treffen. Bei vorsätzlicher Schädigung greift sogar die Insolvenzanfechtung nach § 133 InsO mit einer Frist von zehn Jahren. Die Kumulation verschiedener Haftungstatbestände kann schnell existenzbedrohende Dimensionen erreichen. Deshalb ist präventive Beratung durch spezialisierte Anwälte unverzichtbar. Weitere Details zur Insolvenzanfechtung finden Sie auf unserer Übersichtsseite zur Insolvenzanfechtung.
8. Verteidigungsstrategien im Ermittlungsverfahren
Bestreiten der objektiven Insolvenzreife
Der wichtigste Verteidigungsansatz ist der Nachweis, dass keine Insolvenzreife vorlag. Dies erfordert regelmäßig ein eigenes betriebswirtschaftliches Gutachten. Dabei wird die Liquiditätslage zum fraglichen Zeitpunkt rekonstruiert. Oft ergeben sich unterschiedliche Bewertungen einzelner Positionen. War eine Forderung wirklich fällig? Bestand ein durchsetzbarer Anspruch auf ein Gesellschafterdarlehen? Diese Details können über Schuld oder Unschuld entscheiden. Unsere Kanzlei arbeitet mit renommierten Wirtschaftsprüfern aus dem Ruhrgebiet zusammen, die gerichtsfeste Gutachten erstellen. Diese Expertise ist auch relevant bei Fällen von Bankrott.
Nachweisführung zu Sanierungsbemühungen
Ein weiterer Ansatzpunkt ist der Nachweis ernsthafter Sanierungsbemühungen. Wenn die Drei-Wochen-Frist für aussichtsreiche Rettungsversuche genutzt wurde, entfällt das schuldhafte Zögern. Entscheidend ist die Dokumentation konkreter Maßnahmen. Verhandlungsprotokolle mit Banken, Letter of Intent potentieller Investoren oder Sanierungskonzepte sind wichtige Beweismittel. Die Staatsanwaltschaft Essen prüft genau, ob die Bemühungen realistisch waren. Nachträgliche Schönfärberei hilft nicht. Deshalb sollten Sanierungsversuche von Anfang an professionell begleitet und dokumentiert werden.
Der Grundsatz “in dubio pro reo”
Die genaue Bestimmung des Insolvenzzeitpunkts erfolgt oft erst nachträglich durch Gutachter. Diese “postmortale” Analyse birgt erhebliche Unsicherheiten. War eine Forderung schon fällig? Hätte ein Kredit prolongiert werden können? Diese Zweifel kann die Verteidigung nutzen. Nach dem Grundsatz “im Zweifel für den Angeklagten” muss das Gericht bei unaufklärbaren Zweifeln freisprechen. Allerdings darf sich der Geschäftsführer nicht auf Unwissenheit berufen, wenn er seine Überwachungspflichten verletzt hat. Eine sorgfältige Buchführung und regelmäßige Liquiditätsplanungen sind daher essentiell. Dies gilt auch zur Vermeidung von Vorwürfen wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt.
9. Häufige Fragen zur Insolvenzantragspflicht
Wann genau beginnt die Drei-Wochen-Frist zu laufen?
Die Drei-Wochen-Frist beginnt mit dem objektiven Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, nicht erst mit deren Kenntnis. Entscheidend ist also der tatsächliche Zeitpunkt, an dem die Liquiditätslücke 10 Prozent überschreitet oder die Fortführungsprognose negativ wird. Dieser Zeitpunkt wird oft erst im Nachhinein durch Sachverständige ermittelt. Deshalb sollten Geschäftsführer bei ersten Krisensignalen sofort eine professionelle Liquiditätsanalyse erstellen lassen. Weitere Informationen zur Firmeninsolvenz finden Sie auf unserer Übersichtsseite.
Kann ich mich als Geschäftsführer auf den Rat meines Steuerberaters verlassen?
Grundsätzlich kann die Einschaltung qualifizierter Berater entlastend wirken. Allerdings entbindet dies nicht vollständig von der eigenen Verantwortung. Der Geschäftsführer muss den Berater vollständig und richtig informieren. Zudem muss er dessen Rat auf Plausibilität prüfen. Offensichtliche Fehler darf er nicht übersehen. Wichtig ist die schriftliche Dokumentation der Beratung. Im Zweifel sollte eine Zweitmeinung eingeholt werden, besonders bei existenziellen Entscheidungen. Dies ist ein wichtiger Aspekt der Geschäftsführerhaftung.
Was passiert, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind?
Bei mehreren Geschäftsführern trifft jeden die volle Verantwortung. Eine Ressortaufteilung entlastet grundsätzlich nicht. Jeder Geschäftsführer muss sich über die wirtschaftliche Lage informieren und bei Insolvenzreife handeln. Allerdings kann im Innenverhältnis eine Aufgabenteilung vereinbart werden. Wer nachweislich für Finanzen nicht zuständig war und auf die Zusicherungen des zuständigen Kollegen vertrauen durfte, kann entlastet sein. Die Anforderungen sind jedoch streng. Bei Krisensignalen müssen alle Geschäftsführer aktiv werden.
Haftet auch der faktische Geschäftsführer?
Ja, die Rechtsprechung behandelt faktische Geschäftsführer wie formell bestellte. Wer ohne Bestellung die Geschicke der Gesellschaft tatsächlich lenkt, unterliegt denselben Pflichten. Dies betrifft häufig beherrschende Gesellschafter, die ohne formelle Bestellung agieren. Auch Berater oder Interimsmanager können als faktische Geschäftsführer qualifiziert werden. Entscheidend ist die tatsächliche Leitungsmacht und das Auftreten nach außen. Die Haftungsrisiken sind identisch mit denen eines bestellten Geschäftsführers. Dies ist ein Kernthema unserer Insolvenzrechtsberatung.
10. Praxistipps und präventive Maßnahmen
Wie erkenne ich frühzeitig eine drohende Insolvenzreife?
Warnsignale für eine drohende Krise sollten ernst genommen werden. Dazu gehören wiederkehrende Liquiditätsengpässe, Mahnungen wichtiger Lieferanten oder die Kündigung von Kreditlinien. Auch rückläufige Umsätze bei gleichbleibenden Fixkosten sind ein Alarmsignal. Sobald Löhne oder Sozialversicherungsbeiträge nicht pünktlich gezahlt werden können, besteht akuter Handlungsbedarf. Führen Sie monatliche Liquiditätsplanungen durch und erstellen Sie regelmäßig betriebswirtschaftliche Auswertungen. Bei negativem Eigenkapital sollte sofort eine Überschuldungsprüfung erfolgen. Dies kann auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, etwa wegen Bankrott.
Welche Sofortmaßnahmen sind in der Krise geboten?
Bei ersten Krisensignalen muss sofort gehandelt werden. Beauftragen Sie umgehend einen spezialisierten Berater mit der Prüfung der Insolvenzreife. Dokumentieren Sie alle Sanierungsbemühungen lückenlos. Führen Sie Verhandlungen mit Gläubigern nur schriftlich oder mit Zeugen. Vermeiden Sie Vorzugsbehandlungen einzelner Gläubiger, diese können später angefochten werden. Stoppen Sie alle nicht betriebsnotwendigen Zahlungen. Informieren Sie bei mehreren Geschäftsführern sofort alle Kollegen. Holen Sie sich frühzeitig rechtlichen Beistand, um Haftungsfallen zu vermeiden. Weitere Details zur Insolvenzanfechtung finden Sie auf unserer Spezialseite.
Wie kann ich mich als Geschäftsführer absichern?
Präventive Maßnahmen reduzieren das Haftungsrisiko erheblich. Führen Sie eine ordnungsgemäße Buchhaltung mit aktuellen Zahlen. Erstellen Sie monatliche Liquiditätspläne und Rentabilitätsrechnungen. Lassen Sie sich regelmäßig vom Steuerberater über die wirtschaftliche Lage berichten. Dokumentieren Sie alle wichtigen Entscheidungen schriftlich. Schließen Sie eine D&O‑Versicherung ab, auch wenn diese Vorsatzdelikte nicht abdeckt. Bei Krisensignalen ziehen Sie sofort spezialisierten Rechtsrat hinzu. Prüfen Sie die Möglichkeit eines Schutzschirmverfahrens oder einer Eigenverwaltung als Alternative zur Regelinsolvenz. Diese Themen behandeln wir ausführlich im Bereich Firmeninsolvenz.
Was sollte ich bei Erhalt einer Vorladung tun?
Erhalten Sie eine polizeiliche Vorladung oder ein Schreiben der Staatsanwaltschaft, bewahren Sie Ruhe. Äußern Sie sich keinesfalls ohne anwaltlichen Beistand zur Sache. Sie haben das Recht zu schweigen und sollten dies nutzen. Kontaktieren Sie umgehend einen auf Insolvenzstrafrecht spezialisierten Anwalt. Sichern Sie alle relevanten Unterlagen und erstellen Sie eine Chronologie der Ereignisse. Informieren Sie Ihre D&O‑Versicherung über das Ermittlungsverfahren. Bereiten Sie sich mit Ihrem Anwalt gründlich auf eine mögliche Vernehmung vor. Voreilige Aussagen können das Verfahren erheblich erschweren.
Sie benötigen Unterstützung bei Fragen zur Insolvenzantragspflicht oder verteidigen sich gegen den Vorwurf der Insolvenzverschleppung?
Als erfahrene Fachanwälte für Insolvenzrecht unterstützen wir Geschäftsführer und Vorstände aus Essen und dem gesamten Ruhrgebiet in allen Phasen einer Unternehmenskrise. Von der präventiven Beratung über die Begleitung in Sanierungsverfahren bis zur Verteidigung im Strafverfahren stehen wir Ihnen mit unserer langjährigen Expertise zur Seite. Kontaktieren Sie uns für ein vertrauliches Erstgespräch in unserer Kanzlei am Kennedyplatz in Essen – gemeinsam finden wir die beste Lösung für Ihre Situation.
