Insol­venz­an­fech­tung und Treuwidrigkeit

Im Insol­venz­recht spielt die Anfech­tung von Zah­lun­gen eine zen­tra­le Rol­le, um die Mas­se zuguns­ten aller Gläu­bi­ger zu maxi­mie­ren. Ein aktu­el­les Urteil des Ober­lan­des­ge­richts Düs­sel­dorf vom 8. Janu­ar 2024 (Akten­zei­chen I‑12 U 31/​23) beleuch­tet die kom­ple­xen Aspek­te der Treu­wid­rig­keit bei der Insol­venz­an­fech­tung von Dar­le­hens­zah­lun­gen nach §§ 129, 133, 143 InsO und § 242 BGB.

Der Fall betraf Rück­for­de­rungs­an­sprü­che des Insol­venz­ver­wal­ters gegen eine Beklag­te, die der Insol­venz­schuld­ne­rin Dar­le­hen gewährt hat­te. Im Kern ging es um die Fra­ge, ob der Insol­venz­ver­wal­ter Rück­ab­wick­lungs­an­sprü­che aus einer Ablö­se­ver­ein­ba­rung gel­tend machen kann, obwohl die Beklag­te auf den Bestand der zuvor geleis­te­ten Zah­lun­gen ver­traut hat.

Hin­ter­grund des Falles

Die Beklag­te, die durch Ver­schmel­zung Rechts­nach­fol­ge­rin einer ande­ren Gesell­schaft gewor­den war, hat­te der Schuld­ne­rin Dar­le­hen zur Finan­zie­rung von Pro­duk­ti­ons­ma­schi­nen gewährt. Zur Besi­che­rung die­ser Dar­le­hen wur­den die Maschi­nen siche­rungs­über­eig­net. Nach der Insol­venz der Schuld­ne­rin mel­de­te die Beklag­te ihre For­de­run­gen an und mach­te ein Abson­de­rungs­recht nach § 51 Nr. 1 InsO geltend.

Der Insol­venz­ver­wal­ter und die Beklag­te einig­ten sich auf Ablö­se­be­trä­ge zur Abgel­tung der Abson­de­rungs­rech­te. Die Beklag­te ver­trau­te auf den Fort­be­stand der bis­he­ri­gen Zah­lun­gen. Spä­ter erklär­te der Insol­venz­ver­wal­ter jedoch die Anfech­tung die­ser Zah­lun­gen nach §§ 129, 133 InsO.

Ent­schei­dung des Gerichts

Das Gericht ent­schied, dass der Insol­venz­ver­wal­ter durch sein Ver­hal­ten bei der Ablö­se­ver­ein­ba­rung einen Ver­trau­en­s­tat­be­stand geschaf­fen habe, der eine Anfech­tung der Zah­lun­gen aus­schlie­ße. Die Beklag­te habe dar­auf ver­trau­en dür­fen, dass kei­ne Anfech­tungs­an­sprü­che mehr gel­tend gemacht wür­den, da die Ablö­se­be­trä­ge auf der Grund­la­ge aller bis dahin geleis­te­ten Zah­lun­gen berech­net wor­den seien.

Recht­li­che Implikationen

Die Ent­schei­dung ver­deut­licht die Bedeu­tung von Treu und Glau­ben im Insol­venz­recht gemäß § 242 BGB. Ein Insol­venz­ver­wal­ter muss sein Han­deln sorg­fäl­tig abwä­gen und darf kei­ne wider­sprüch­li­chen Signa­le an die Gläu­bi­ger sen­den. Ein ein­mal geschaf­fe­ner Ver­trau­en­s­tat­be­stand kann nicht ohne wei­te­res igno­riert werden.

Für Gläu­bi­ger bedeu­tet dies, dass sie sich auf getrof­fe­ne Ver­ein­ba­run­gen ver­las­sen kön­nen, solan­ge kein aus­drück­li­cher Anfech­tungs­vor­be­halt besteht. Für Insol­venz­ver­wal­ter zeigt das Urteil, dass eine sorg­fäl­ti­ge Prü­fung und kla­re Kom­mu­ni­ka­ti­on uner­läss­lich sind, um spä­te­re Rechts­strei­tig­kei­ten zu vermeiden.

Fazit

Die Treu­wid­rig­keit der Insol­venz­an­fech­tung ist ein kom­ple­xes, aber wich­ti­ges The­ma im Insol­venz­recht. Das Urteil ver­deut­licht, dass das Ver­trau­en der Gläu­bi­ger geschützt wer­den muss, wenn sie auf­grund des Ver­hal­tens des Insol­venz­ver­wal­ters berech­tig­te Erwar­tun­gen haben. Ein fun­dier­tes Ver­ständ­nis die­ser Grund­sät­ze, ins­be­son­de­re der §§ 129, 133 und 143 InsO sowie des § 242 BGB, hilft allen Betei­lig­ten, fai­re und rechts­si­che­re Lösun­gen in Insol­venz­ver­fah­ren zu finden.