Pfändung einer Abfindung – konkrete Berechnung
Eine Abfindung ist nicht grundsätzlich unpfändbar. Bei der Bildung des fiktiven Einkommens nach § 850i ZPO sind sämtliche Einkünfte zu berücksichtigen. Dem Schuldner ist dabei so viel zu belassen, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts bei einem Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn verbleiben würde. Dieser Beitrag zeigt, wieviel bei Abfindung und Pfändung bleibt.
Allgemein
Eine Verschuldung ist keine schöne Situation. Mandant jedoch auch noch seine Arbeit verliert, ist dies umso schlimmer. Erhält man dann aber eine Abfindung, stellt sich die Frage, ob bei einer Pfändung des Gehalts oder des Einkommens die Abfindung an den Gläubiger geht oder ob man als Schuldner mit der Abfindung quasi das Arbeitslosengeld aufstocken kann.
Der Fall:
Zu einer solchen Fragestellung hat das Landgericht Wuppertal mit Beschluss vom 15.01.2019–16 T2 135/17 entschieden. Grundlage der Entscheidung war die Situation eines Schuldners, der ca. zehn Jahre beschäftigt war und eine Abfindung erhalten hat. Diese betrug 13.000 €. Der Schuldner war 45 Jahre alt, aber sehr krank. Er konnte im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine neue Arbeit finden. Genau in dieser Situation musste das Landgericht Wuppertal nun entscheiden, in welchem Umfang dem Schuldner die Abfindung verbleiben sollte oder in welcher Höhe diese den Gläubigern bzw., da sich um ein laufendes Insolvenzverfahren handelte, die Abfindung dem Insolvenzverwalter zustand.
Das Landgericht Wuppertal erklärte zunächst, dass sich die Frage der Pfändung der Abfindung sich nach § 850i ZPO richtet:
“Werden nicht wiederkehrend zahlbare Vergütungen für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste oder sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, gepfändet, so hat das Gericht dem Schuldner auf Antrag während eines angemessenen Zeitraums so viel zu belassen, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde.”
Praktische Umsetzung
Wie wird diese gesetzliche Normierung praktisch umgesetzt? Nach dem Landgericht Wuppertal ist für die Bestimmung des dem Schuldner pfandfrei zu belastenden Betrages zunächst aus sämtlichen Einkünften des Schuldners ein fiktives Gesamteinkommen zu bilden. Dabei sind die nicht wiederkehrenden Einkommensteile durch Bestimmung eines angemessenen Gesamt Bezugszeitraums auf bestimmte Zahlungsperioden umzurechnen. Bei der Bildung des fiktiven Einkommens sind sämtliche Einkünfte zu berücksichtigen. Wie Sie dies nun praktisch aus?
Aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen des Schuldners ist das Gericht davon ausgegangen, dass eine Umrechnung auf einen Zeitraum von zwölf Monaten sachgerecht ist. Dies wirkte sich für den Schuldner nunmehr wie folgt aus:
Konkrete Berechnung von Abfindung und Pfändung
Der Schuldner erhielt folgendes Einkommen:
Arbeitslosengeld I:1303,80 €
Kindergeld: 582 €
Abfindung i.H.v. 13.000 € auf zwölf Monate verteilt ergibt einen monatlichen Betrag von: 1083,33 €.
Somit war für den Schuldner von einem fiktiven monatlichen Einkommen von 2.969,13 € auszugehen
Wendet man auf diesem Betrag die Pfändungstabelle gemäß § 850 ZPO an, bei vier Unterhaltspflicht gegen Personen, ergibt dies einen pfändbaren Betrag von 137,26 €. Somit stand dem Schuldner ein pfandfreies Einkommen von monatlich 2831,780 € zu.
Auf dieser Basis kann nunmehr berechnet werden, wieviel dem Schuldner auf die vom Gericht als angemessen angesehene Zeitspanne von zwölf Monaten zu belassen ist. Dem Schuldner sind für ein Jahr daher billigerweise insgesamt 33.982,44 € zu belassen. Von diesem Betrag werden wiederum abgezogen das Arbeitslosengeld I in Höhe von insgesamt 15.645,60 € (12 × 1303,80 €) und ein Kindergeld i.H.v. 6984 € (12 × 582 €). Daher ist für den Schuldner eine Abfindung i.H.v. 11.352,84 € (33.982,44 € ‑15.645,60 € ‑6984 €) zu belassen.
Das Landgericht Wuppertal stellte klar, dass es nicht auf das frühere Einkommen des Schuldners vor Verlust des Arbeitsplatzes als Berechnungsgrundlage ankommt. Vielmehr sei auf das aktuelle Einkommen des Schuldners abzustellen, wobei die Abfindung als Einmalzahlung auf eine als angemessen anzusehende Anzahl von Monaten zu verteilen ist.
Ergebnis bei Abfindung und Pfändung:
Wie die Entscheidung des Landgerichts Wuppertal zeigt, ist für einen Schuldner, der gepfändet wird oder sich in Insolvenz befindet, eine Abfindung nicht immer grundsätzlich verloren. Wenn der Schuldner nach Beendigung des alten Arbeitsverhältnisses unmittelbar im Anschluss ein neues Beschäftigungsverhältnis beginnt, ist die Abfindung für ihn in voller Höhe verloren. Findet er im Anschluss jedoch nicht sofort eine neue Stelle, hängt es von der Entscheidung des Gerichtes ab, über welchen Zeitraum die Abfindung dem Schuldner zu belassen ist. Hier kann gegebenenfalls die Abfindung dafür genutzt werden, über einen nicht allgemein, sondern konkret im Einzelfall, letztlich durch das Gericht zu bestimmenden Zeitraum g das Arbeitslosengeld I aufzustocken und für mehrere Monate ein höheres Einkommen zu erzielen.
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