Streichung aus der Architektenliste wegen Schulden
Ist ein Architekt wegen fehlender Zuverlässigkeit aus der Architektenliste zu streichen, wenn er bei Überschuldung kein tragfähiges Sanierungskonzept vorlegt?
Ist ein Architekt wegen fehlender Zuverlässigkeit aus der Architektenliste zu streichen, wenn er bei Überschuldung kein tragfähiges Sanierungskonzept vorlegt?
Voraussichtliche Lesedauer: 2 Minuten
Der Schuldner war in die Wohlverhaltensphase gelangt. Auf Antrag eines Gläubigers sollte ihm jedoch die Restschuldbefreiung versagt werden. Bevor es zu einer Entscheidung kam, verstarb der Schuldner.
War das Verfahren nunmehr einfach zu beenden oder konnten die Erben bezüglich der Insolvenzforderung des Schuldners eine Restschuldbefreiung erhalten? Zu dieser Fallkonstellation gibt es nun eine Entscheidung des Amtsgerichts Dresden.
AG Dresden, Beschluss vom 17.04.2019 – 544 IN 2661/11
Grundsätzlich kann diese Fallkonstellation auf zwei Arten geklärt werden. Zum einen könnte den Erben die Restschuldbefreiung gewährt werden, wenn die Voraussetzung auch für den Schuldner vorgelegen haben. Oder das Verfahren wird einfach gegen die Erben. Das Amtsgericht Dresden hat sich für letztere Möglichkeit entschieden.
Nach der Rechtsauffassung des Amtsgerichts Dresden ist das Insolvenzverfahren analog § 299 InsO einzustellen, wenn der Schuldner in der Wohlverhaltensphase stirbt. Hat hier verfassungsrechtliche Bedenken und auch für die Erben eine Alternative gesetzliche Verfahrensmöglichkeit sieht.
So würde Gläubiger faktisch ohne gesetzliche Grundlage enteignet, würde den Erben des Schuldners eine Restschuldbefreiung erteilt werden. Dies wäre jedoch nicht zulässig, da eine solche Enteignung ohne jegliche gesetzliche Grundlage erfolgen würde. Dies sieht das Gericht als nicht mit Art. 14 Abs. 3 GG als vereinbar an.
Eine Regelungslücke sei auch für eine analoge Anwendung nicht vorhanden, da das Gesetz für derartige Fälle die Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens ansieht. Denn die Erben hätten die Möglichkeit, soweit sie die Schulden des verstorbenen nicht ausgleichen können, eine Haftung für die Verbindlichkeiten des Erblassers aufgrund der Universalsukzession gemäß dem §§ 1922, 1974 BGB vermeiden, wenn sie innerhalb der gesetzlichen Frist die Erbschaft ausschlagen oder nach Ablauf der Ausschlagungsfrist ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen. Dies führt für die Erben dazu, dass bei Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens als auch bei einer Abweisung der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens mangels Masse gemäß § 26 InsO den Erben die sogenannter „Dürftigkeitseinrede „gemäß dem §§ 1990, 1975 BGB zu. Somit können die Erben bei einer Zwangsvollstreckung die Gläubiger regelmäßig Haftungsbeschränkung auf den Nachlass verweisen. So kann das Problem “Tod des Schuldners und Wohlverhaltensphase und Erben” behandelt werden.
Haftung des Geschäftsführers auch in Zukunft gegenüber einem Neugläubiger auf Grund einer ursprünglich eingetretenen Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung), wenn sich die Gesellschaft erholt?
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 19.11.2019 – II ZR 53/18 über den Fall eines Neugläubigerschadens im Rahmen einer Insolvenz zu entscheiden. Dabei stellte sich die Frage, inwieweit ein Geschäftsführer einer Gesellschaft für den Schaden eines Vertragspartners haftet, wenn zwar die Gesellschaft in der Vergangenheit insolvent war, aber im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Gläubiger ein Insolvenzgrund auf Grund der Erholung der Gesellschaft nicht mehr vorlag.
Die Entscheidung des BGH verlangt eindeutig, dass es auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt. Da es sich bei einer Insolvenzverschleppung um ein Dauerdelikt handelt, müssen deren objektive und subjektive Voraussetzungen zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses noch vorliegen.
Der klagende Neugläubiger musste daher beweisen, dass ein Insolvenzgrund noch im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorlag. Er konnte nicht pauschal darauf verweisen, dass die Insolvenz bereits in der Vergangenheit einmal eingetreten war. In seiner Entscheidung zeigt der BGH jedoch auf, wie dem Neugläubiger dieser Nachweis möglich ist. So gilt nach der Rechtsprechung der Nachweis im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses bei relativ zeitnah erteilten Aufträgen als geführt. Ein zeitlicher Zusammenhang von 9 Monaten bis zu einem Jahr reicht hierfür aus. In diesem Fall muss der Geschäftsführer darlegen und beweisen, dass im Zeitpunkt der Auftragserteilung z. B. eine Überschuldung nachhaltig beseitigt und damit die Antragspflicht entfallen war.
Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer Internetseite Haftung des Geschäftsführers und Insolvenzverschleppung.
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Frage 2
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Bei welchem Gericht muss ein Insolvenzverwalter klagen, wenn er Ansprüche aus §§ 130a, 177a HGB geltend machen will?
Der Bundesgerichtshof BGH, Beschl. v. 6. 8. 2019 – X ARZ 317/19 musste sich mit der Frage beschäftigen, bei welchem Gericht er Schadensersatzansprüche gegen dich Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG gemäß § 177a und § 130a HGB geltend machen kann.
Im zu entscheidenden Fall gab es zwei Geschäftsführer, die in unterschiedlichen Orten wohnten. Hier beantragte der Insolvenzverwalter bei Gericht, dass ein gemeinsames Gericht als zuständig erachtet wird. Denn er wollte nicht zwei unterschiedliche Klagen führen sondern die Geschäftsführer gemeinschaftlich an einem Gericht verklagen.
Der Bundesgerichtshof hat diesen Antrag zurückgewiesen, da sowieso ein einziges Gericht, und zwar das Gericht der Gesellschaft zuständig ist. Der Anspruch gegen die Geschäftsführer, basierend auf § 64 S. 1 GmbHG oder § 130 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 HGB gestützter Anspruch basieren auf den Besonderheiten des organschaftlichen Verhältnisses zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer. Passiv legitimiert sind daher nur Personen, die rechtlich oder faktisch als Geschäftsführer fungiert haben. Vor diesem Hintergrund ist daher ein auf § 64 Abs. 1 GmbHG oder § 130 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 HGB gestützter Anspruch aus denselben Gründen wie ein Anspruch aus § 43 Abs. 2 GmbHG als Anspruch aus einem Vertragsverhältnis im Sinne von § 29 Abs. 1 ZPO anzusehen.
Maßgeblich ist daher der Erfüllungsort. Für den Erfüllungsort des Anspruchs ist grundsätzlich der Ort, an dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, maßgeblich.
Ergebnis:
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs macht die Frage der Klageerhebung für die Insolvenzverwalter einfacher. Sie können ohne Schwierigkeiten nunmehr mehrere Geschäftsführer an einem Ort, d. h. am Ort der Gesellschaft verklagen.
Hier finden Sie weiter Informationen zu § 64 GmbHG.
Die Haftung nach § 43 GmbHG trifft neben dem bestellten Geschäftsführer auch den faktischen Geschäftsführer, der ohne Bestellung tatsächlich Geschäftsführerkompetenzen wahrnimmt. (BGH Urt. vom 25.06.2001, II ZR 38/99)
Den faktischen Geschäftsführer trifft ebenso die Insolvenzantragspflicht nach § 15 InsO und daher auch die Haftung für Zahlungen nach Insolvenzreife nach § 64 GmbHG. (BGH Urt. vom 11.07.2005, II ZR 235/03)
Faktische Geschäftsführer sind Personen, die nicht als Geschäftsführer bestellt wurden, jedoch die Ämterfunktionen tatsächlich wahrnehmen. Die tatsächlich bestellten Vertreter kommen als Haftende auch neben dem faktischen Geschäftsführer im Betracht. Dass sie nur als Strohmänner gehandelt haben, schließt ihre Haftung nicht aus. Jedoch scheiden juristische Person als faktische Geschäftsführer aus, weil der rechtliche Geschäftsführer keine juristische Person sein kann. Daher kommt nur der organschaftliche Vertreter einer juristischen Person tatsächlich als faktischer Geschäftsführer infrage.
Faktischer Geschäftsführer ist derjenige, der sowohl betriebsinternen als auch nach außen anstelle des rechtlichen Geschäftsführers mit Einverständnis der Gesellschafter tatsächlich das Sagen hat und eine gegenüber dem formellen Geschäftsführer überragende Stellung einnimmt. Dabei genügt eine beherrschende Stellung alleine nicht. Notwendig ist, was für die ganz erheblicher Bedeutung ist, auch das Handeln mit Außenwirkung. Dabei ist die Feststellung eines Handels mit außen wirksam im Einzelfall nicht einfach. Die Rechtsprechung geht von einer Gesamtbetrachtung aus. Es wurden jedoch einzelne Kriterien entwickelt, die bei der Beurteilung einer Außenwirkung herangezogen werden:
(vgl. BayObLG Urt. vom 20.02.1997 – 5 St RR 159/96)
Auch der faktische Geschäftsführer kann strafrechtlich herangezogen werden. Dabei kommt eine strafrechtliche Verantwortung für Straftaten nach § 82 Abs. 1 GmbHG und § 15 Abs. 4 und 5 InsO in Betracht.
Weitere Informationen erhalten sie auf der Internetseite Firmeninsolvenz und Geschäftsführerhaftung.
Kann man bei einer Obliegenheitsverletzung den Restschuldbefreiungsantrag noch zurücknehmen?
Diese Frage hatte der BGH zu entscheiden.
Rechtslage:
Der Schuldner kann einen Antrag auf Restschuldbefreiung in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 1 ZPO jedenfalls dann nicht mehr ohne Einwilligung zurücknehmen, wenn er die Rücknahme erklärt, nachdem ein Insolvenzgläubiger gemäß § 289 Abs. 1, § 290 InsO im Schlusstermin oder innerhalb der vom Insolvenzgericht im schriftlichen Verfahren für die Versagungsantragstellung gesetzten Frist einen zulässigen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt und das Insolvenzgericht dem Schuldner hierauf die Restschuldbefreiung versagt hat (BGH, Beschluss vom 22. September 2016 – IX ZB 50/15, WM 2016, 2315 Rn. 10 ff). Spätestens ab diesem Zeitpunkt haben die Gläubiger einen Anspruch darauf, dass sich der Schuldner, dessen Unredlichkeit mit der abschlägigen Entscheidung festgestellt ist, nicht dem Verfahren entzieht und die Ergebnisse der Anhörung zu seinem Restschuldbefreiungsantrag durch dessen Rücknahme zunichtemacht. Spätestens ab der Entscheidung über den Versagungsantrag überwiegt ihr Interesse an der Versagung das Interesse des Schuldners, über seinen Antrag frei disponieren zu können (BGH, aaO Rn. 12 aE). Anderenfalls erhielte der Schuldner die Möglichkeit, einer sachlich berechtigten Versagung nachträglich den Boden zu entziehen (BGH, aaO Rn. 13 aE). Zudem besteht ein schutzwürdiger Anspruch der Gläubiger darauf, dass es bei einer sachlich berechtigten Versagung der Restschuldbefreiung bleibt, weil diese eine Antragssperre nach sich zieht.
Entscheidung:
Im Streitfall hatte das Insolvenzgericht zwar noch nicht über den Versagungsantrag entschieden, als der Schuldner die Rücknahme seines Antrags auf Restschuldbefreiung erklärte. Die Gründe für die Verneinung einer Antragsrücknahmemöglichkeit für den Schuldner gelten gelten aber auch dann, wenn die Restschuldbefreiung aufgrund des von einem Gläubiger in dem gemäß § 300 Abs. 1 InsO zur Anhörung anberaumten Termin oder innerhalb der stattdessen gesetzten Erklärungsfrist gestellten zulässigen Versagungsantrags nach § 296 Abs. 1, § 295 Abs. 1 InsO zu versagen ist und nur noch eine entsprechende Entscheidung des Insolvenzgerichts aussteht. Auch in diesem Fall überwiegt das Interesse des Gläubigers an einer gerichtlichen Entscheidung über seinen Versagungsantrag. Ist eine Restschuldbefreiung gemäß § 300 Abs. 2, § 296 Abs. 1, § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO zu versagen, ist der Schuldner nach § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO für eine Dauer von zehn Jahren und nach § 287a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO in der ab dem 1. Juli 2014 geltenden Fassung für die Dauer von drei Jahren an der erneuten Stellung eines Restschuldbefreiungsantrags gehindert. Dieses auf eine sachliche Entscheidung gerichtete Interesse des Gläubigers ist rechtlich geschützt, weil die Restschuldbefreiung nach dem Willen des Gesetzgebers nur dem sich redlich und gläubigerfreundlich verhaltenden Schuldner zuteilwerden und auf Antrag eines Gläubigers unter anderem dann ausgeschlossen sein soll, wenn dem Schuldner bis zum Ablauf der Wohlverhaltensperiode oder im Anhörungstermin zur Restschuldbefreiung ein illoyales Verhalten zur Last fällt. Demgegenüber ist das Interesse des Schuldners nachrangig, der zu erwartenden Sanktion durch eine Antragsrücknahme die Grundlage zu entziehen und das im ersten Durchgang für ihn absehbar negativ verlaufende Verfahren anschließend unmittelbar wiederholen zu können.
Wir konnten einem Mandanten helfen, sich gegen einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu wehren. Denn obwohl der Mandant sich während des Insolvenzverfahrens 193 mal beworben hatte, reichte dies einem Gläubiger nicht aus.
Er meinte trotzdem dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagen zu lassen. Dem ist jedoch weder das Amtsgericht Essen noch das Landgericht Essen gefolgt:
Einen Versagungsgrund durch Verletzung einer Obliegenheit gemäß den §§ 296 Abs. 1, 295 InsO kann die Kammer nicht feststellen.
Die Voraussetzungen für eine Obliegenheitsverletzung im Sinne von § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO die nach dem Vortrag des Gläubigers allein in Betracht kommt, liegt nicht vor.
Gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO obliegt es dem Schuldner eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben bzw. wenn der beschäftigungslos ist, sich um eine Beschäftigung zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen die Kammer kommt zu dem Ergebnis, dass der Schuldner sein Original des § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO genüge getan hat.
Der Schuldner hat sich in ausreichendem Maße um eine Beschäftigung. Die von dem Schuldner angegebenen nicht bestrittenen 193 Bewerbungen in der Zeit zwischen dem 10.1.2012 und den 28.10.2016 erachtet die Kammer als ausreichend.
Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Der Bundesgerichtshof hat zwar in der Entscheidung vom 19.5.2011, die im mit Beschluss vom 13.9.2012 bestätigte, ausgesprochen, dass für ein ernsthaftes Bemühen um eine Erwerbstätigkeit hinsichtlich der Anzahl der zu fordernden Bewerbungen als ungefähre Richtgröße 2–3 Bewerbungen pro Woche zu fordern sein. Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof jedoch ausdrücklich klargestellt, dass diese Richtgröße für den Fall gelte, sofern entsprechende Stellen angeboten wurden. In der Entscheidung vom 19.5.2011 stellte der Bundesgerichtshof insbesondere klar, dass sich der Umfang der Bemühungen des Schuldners nicht allgemeingültig klären lasse, sondern unter Berücksichtigung branchenbezogener, regionaler und individueller Umstände einzelfallbezogen zu beurteilen sei. Auch in dem Beschluss vom 7.5.2009 hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass im Rahmen der Bestimmung des Umfangs der Obliegenheiten des Schuldners das Alter des Schuldners sowie die problematischen Verhältnisse am Arbeitsmarkt Berücksichtigung finden müssen.
Bei einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass der Schuldner nicht gegen die Obliegenheitsverletzung aus § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO verstoßen.
Die 193 Bewerbungen des Schuldners hat er konkret durch Auflistung dieser Bewerbungen sowie durch Beifügung einiger ablehnender Schreiben dargelegt. Bei diesen Bewerbung handelte es sich ferner um überregional und betreffend des Arbeitsmarktes um unterschiedliche stellen. Wegen der Anzahl der Bewerbungen besteht für die Kammer, auch unter Berücksichtigung des Zeitraums, keine Bedenken dahingehend, dass es sich um ausreichend ernsthafte Bemühung des Schuldners handelte. Schuldner war zu Beginn des maßgeblichen Zeitraums, im Januar 2000 12,55 Jahre alt. Er hat ebenfalls angegeben in der Stellenbörse des Arbeitsamtes, im Internet sowie Mittel Stellenanzeigen in der Zeitung nach Shop angeboten gesucht zu haben. Dass das Angebot an Arbeitsplätzen aufgrund des Alters des Schuldners beschränkt war, ist für die Kammer nachvollziehbar. Das Bemühen des Schuldners durch im Schnitt etwa drei Bewerbung pro Monat hält die Kammer unter Berücksichtigung der Gesamtumstände für ausreichend. Der Treuhänder hat ebenfalls ausgeführt, dass der Schuldner laufend seine Bemühung um Aufnahme einer Tätigkeit dokumentierte und im Auftrage kräftige Bewerbung vorlegte.LG Essen 10.04.2017, 10 T 617
In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf zu achten, das üblicherweise als Regel immer noch gilt, dass 3–4 Bewerbung pro Woche notwendig sind. Ist der Schuldner jünger, sind die Anforderungen eben auch höher. Bei gleicher Bewerbungszahl wäre es daher für einen jüngeren Schuldner schwierig gewesen, die Restschuldbefreiung zu erlangen.
Voraussichtliche Lesedauer: 1 Minute
Das Amtsgericht Aurich hat entschieden, dass auch für den Fall, das Gerichtskosten infolge der Stundung noch offenstehen, eine beantrage Restschuldbefreiung sofort zu erteilen ist.
AG Aurich, Beschl. v. 6. 12. 2016 – 9 IK 55/16:
“Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschl. v. 26.2.2016 eröffnet. Die Kosten des Verfahrens sind mit Beschluss vom gleichen Tag bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet, § 4a InsO.
Der Schuldnerin ist antragsgemäß Restschuldbefreiung zu erteilen, da keine Forderung angemeldet wurde. Der einzigen im Forderungsverzeichnis aufgeführten Gläubigerin wurde durch den Insolvenzverwalter die Aufforderung zur Anmeldung am 20.4.2016 zugestellt. Eine Anmeldung ist nicht erfolgt.
Die Restschuldbefreiung ist sofort zu erteilen, da im Restschuldbefreiungsverfahren eine Ausschüttung evtl. pfändbarer Bezüge mangels festgestellter Forderungen nicht erfolgen wird. Es ist somit sinnlos, die Schuldnerin eine “Wohlverhaltensphase” durchlaufen zu lassen, in der kein Insolvenzgläubiger befriedigt würde. Hier hat eine teleologische Reduktion des gesamten Verfahrens zu erfolgen. Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens ist die gemeinschaftliche Befriedigung der Insolvenzgläubiger. Zudem soll dem redlichen Schuldner im sich anschließenden Restschuldbefreiungsverfahren Gelegenheit gegeben werden, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien, § 1 InsO.
Im Anschluss an die zitierte Entscheidung ist in Literatur und Rechtsprechung die Auffassung vertreten worden, dass auch bei offenen Gerichtskosten die Restschuldbefreiung sofort erteilt werden kann
Die Kosten des Verfahrens sind nach § 4a InsO schließlich bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung zu stunden.
Dieser Auffassung hat sich seinerzeit auch das erkennende Gericht angeschlossen, weil es sinnlos ist, jährliche Kosten von 119 € für ein sinnentleertes Restschuldbefreiungsverfahren zu verursachen.
Mit Beschl. v. 29.4.2015 hat bereits das AG Göttingen (71 IK 99/14) festgestellt, dass in einem Verfahren, das nach dem 1.7.2014 beantragt wurde, sofort Restschuldbefreiung zu erteilen ist, wenn kein Gläubiger eine Forderung angemeldet hat und die Kosten des Verfahrens gestundet sind. Auch das Insolvenzgericht Aurich hat unter den gleichen Voraussetzungen Restschuldbefreiung sofort erteilt, Beschl. v. 20.11.2015.
Zwar hat der BGH mit Beschl. v. 22.9.2016 (IX ZB 29/16,7) entschieden, dass die Verfahrenskosten gezahlt sein müssten, diese Entscheidung ist allerdings abzulehnen. Würde diese Entscheidung auf den hier vorliegenden Fall angewendet, so verursachte man dadurch zusätzliche (und unnütze) Kosten für die Vergütung des Treuhänders, zahlbar aus der Landeskasse i.H.v. 714 €.
Diese Vergütung müsste nach Erteilung der Restschuldbefreiung zusätzlich zu den bereits entstandenen Verfahrenskosten von der Schuldnerin getragen werden, soweit nicht die Voraussetzungen für eine weitere Stundung gem. § 4b Abs. 1 InsO vorliegen. Auch im Hinblick darauf, dass die Landeskasse durch die gesetzliche Neuregelung entlastet werden soll, erscheint dieses Ergebnis fraglich.
Durch die sofortige Erteilung der Restschuldbefreiung entsteht der Landeskasse auch kein Schaden, da sich die Nachhaftungsphase der Schuldnerin unmittelbar anschließt.
Diese Begründung trifft auch auf Verfahren zu, die nach dem 1.7.2014 beantragt sind. Gem. § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO ist der Schuldnerin auf ihren Antrag sofort die Restschuldbefreiung zu erteilen, wenn kein Insolvenzgläubiger im Schlussverzeichnis enthalten ist.”
Stellungnahme
Bei dieser Entscheidung handelt es sich um einen besonderen Fall der sofortigen Erteilung der Restschuldbefreiung.
Sind Kindesunterhaltsansprüche bereits tituliert worden, kann der Gläubiger im Insolvenzverfahren die Feststellung beantragen, dass die Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung stammen. Dieser Anspruch verjährt auf Grund der Titulierung der Unterhaltsansprüche erst in 30 Jahren.
Die Stadt hat gegen einen Vater Unterhaltsansprüche per Vollstreckungsbescheid geltend gemacht. Der Vater beantragte das Verbraucherinsolvenzverfahren. Die Stadt meldete Ihre Ansprüche an, aber auch als Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung. Dies wurde vom Vater jedoch bestritten. Die Stadt musste eine Feststellungsklage erheben. Die Sache ging bis zum OLG.
Beim OLG wurde entschieden, dass es sich zu Recht um Forderungen aus vorsätzlich unerlaubter Handlung handelt. Der Vater konnte der Annahme aus vorsätzlich unerlaubter Handlung nichts entgegensetzen (§ 823 II BGB iVm § 170 StGB). Eine Leistungsunfähigkeit des Vaters bestand nicht. Hierzu wurde nichts konkretes vorgetragen. (OLG Koblenz, Beschluss vom 30.07.2014 – 13 UF 271/14)
Fazit:
Wer eine solche Feststellungsklage verliert, hat ein Problem. Die Schulden fallen nicht in die Restschuldbefreiung und am Ender der Insolvenz steht keine vollständige Schuldenfreiheit. Also muss man sich mit allen rechtlichen Möglichkeiten gegen die Feststellungsklage wehren, wenn man mit dieser konfrontiert wird.
a)Der Aufhebungsgrund des § 4c Nr. 4 InsO reicht so weit wie der Versagungsgrund des § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Entsprechend § 296 Abs. 1 S. 1 InsO kann die Stundung nach § 4c Nr. 4 InsO nur aufgehoben werden, wenn der Schuldner es schuldhaft unterlassen hat, sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen.
b)Die unbestimmten Rechtsbegriffe der “angemessenen Erwerbstätigkeit” und der “zumutbaren Tätigkeit” sind nicht in Anlehnung an das Unterhaltsrecht und das Sozialrecht auszulegen.
BGH vom 13. September 2012 – IX ZB 191/11
Der arbeitslose Schuldner beantragte im Juli 2010, das Insolvenzverfahren über sein Vermögen zu eröffnen, ihm Restschuldbefreiung zu gewähren und ihm die Verfahrenskosten zu stunden. Das Insolvenzgericht gab dem Stundungsantrag statt. Es beauftragte einen Sachverständigen mit der Prüfung, ob der Schuldner zahlungsunfähig sei, die Verfahrenskosten gedeckt seien und der Schuldner seiner Erwerbsobliegenheit nachkomme. Im September 2010 schloss der Schuldner mit der Stadt Jena eine Eingliederungsvereinbarung, in der er sich verpflichtete, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten, und der Stadt im Monat jeweils vier Bewerbungen nachzuweisen. Entsprechend dieser Vereinbarung bewarb sich der Schuldner in der Zeit vom 17. September 2010 bis zum 26. Januar 2011 insgesamt 20mal ohne Erfolg. Der Sachverständige kam in seinem schriftlichen Gutachten zu dem Ergebnis, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist und die Kosten des Verbraucherinsolvenzverfahrens voraussichtlich nicht gedeckt sind. Weiter führte er aus, der Schuldner komme seiner Erwerbsobliegenheit nicht nach.
Das Insolvenzgericht hat die Stundung der Verfahrenskosten aufgehoben und den Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Schuldner die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erreichen.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6, 34 Abs. 1, § 4d Abs. 1 InsO, Art. 103 f EGInsO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und der Entscheidung des Insolvenzgerichts.
1.
Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss in ZInsO 2011, 1254 abgedruckt ist, hat ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Stundung der Verfahrenskosten nach § 4c Nr. 4 InsO lägen vor. Der Schuldner sei seiner Erwerbsobliegenheit nicht nachgekommen. Bei ihm handele es sich um einen 52 Jahre alten, voll arbeitsfähigen und örtlich ungebundenen Handwerker mit auch kaufmännischer Erfahrung, der niemandem zu Unterhalt oder Fürsorge verpflichtet sei. Deswegen sei es ihm zuzumuten, sich überregional um eine Vollzeitarbeitsstelle zu bemühen. Die nachgewiesenen 20 Bewerbungen in gut vier Monaten genügten diesen Anforderungen nicht. Das Insolvenzgericht habe im Internet hunderte für den Schuldner geeignete Stellen gefunden, die ihm ein Einkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenzen ermöglicht hätten. Der Schuldner hätte von diesen Angeboten wenigstens 20 monatlich zum Gegenstand ernsthafter schriftlicher Bewerbungen machen müssen. Auch wenn er die Bedingungen der Integrationsvereinbarung eingehalten habe, reiche dies nicht im Sinne von § 4c Nr. 4 InsO aus. Das Maß der geschuldeten Erwerbsbemühungen richte sich nach § 1574 Abs. 2 BGB und der dazu ergangenen Rechtsprechung. Ein erwerbsloser Schuldner habe alle nur denkbaren Anstrengungen zur Erlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit zu unternehmen und dabei die Zeit aufzuwenden, die ein Erwerbstätiger aufwende. Deswegen müsse sich ein Schuldner wöchentlich mindestens 35 Stunden lang mit der ernsthaften und rückhaltlosen Suche nach einem Arbeitsplatz beschäftigen. Daher sei auch die Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse unbegründet.
2.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Weiterlesen