Rest­schuld­be­frei­ung und gewer­be­recht­li­che Zuverlässigkeit

Steu­er­schul­den und Unzu­ver­läs­sig­keit: Was bedeu­tet das für Unternehmer?

Im aktu­el­len Urteil des Ver­wal­tungs­ge­richts Ber­lin (Akten­zei­chen: VG 4 K 541/​22) wird deut­lich, dass bestehen­de Steu­er­schul­den auch trotz einer ange­kün­dig­ten Rest­schuld­be­frei­ung zur Annah­me der Unzu­ver­läs­sig­keit eines Gewer­be­trei­ben­den füh­ren kön­nen. Die­se Ent­schei­dung hat weit­rei­chen­de Fol­gen für Unter­neh­mer, die nach finan­zi­el­len Schwie­rig­kei­ten ihre Geschäfts­tä­tig­keit wie­der auf­neh­men möchten.

Der Fall im Überblick

Ein Unter­neh­mer, der im Bereich der Lohn­ab­rech­nung, Unter­neh­mens­be­ra­tung und des Han­dels mit Gebraucht­fahr­zeu­gen tätig war, ver­lor sei­ne Gewer­beer­laub­nis wegen erheb­li­cher Steu­er­schul­den. Nach­dem er ein Insol­venz­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet und eine Rest­schuld­be­frei­ung ange­kün­digt hat­te, bean­trag­te er die Wie­der­ge­stat­tung sei­ner Gewer­be­tä­tig­keit. Das Bezirks­amt lehn­te jedoch ab, da die Steu­er­schul­den wei­ter gestie­gen waren.

Aus­wir­kun­gen auf Unternehmer

Für Unter­neh­mer bedeu­tet dies, dass eine ange­kün­dig­te Rest­schuld­be­frei­ung allein nicht aus­reicht, um die Wie­der­auf­nah­me der Gewer­be­tä­tig­keit zu recht­fer­ti­gen. Es ist ent­schei­dend, dass bestehen­de Steu­er­schul­den aktiv abge­baut wer­den. Nur so kann eine posi­ti­ve Pro­gno­se über die zukünf­ti­ge Zuver­läs­sig­keit des Gewer­be­trei­ben­den erstellt werden.

Hand­lungs­emp­feh­lun­gen

Unter­neh­mer soll­ten nicht nur auf die Rest­schuld­be­frei­ung ver­trau­en. Sie müs­sen aktiv dar­an arbei­ten, ihre Steu­er­schul­den zu redu­zie­ren. Es ist rat­sam, früh­zei­tig einen Plan zur Schul­den­re­du­zie­rung zu erstel­len und kon­se­quent umzu­set­zen. So kann die Zuver­läs­sig­keit nach­ge­wie­sen und eine erneu­te Gewer­beer­laub­nis erlangt werden.

Fazit

Das Urteil des VG Ber­lin zeigt, wie wich­tig eine nach­hal­ti­ge finan­zi­el­le Sanie­rung für die Wie­der­auf­nah­me einer gewerb­li­chen Tätig­keit ist. Unter­neh­mer soll­ten nicht nur auf recht­li­che Schrit­te ver­trau­en, son­dern aktiv ihre finan­zi­el­le Situa­ti­on ver­bes­sern, um ihre Zuver­läs­sig­keit nach­zu­wei­sen und wie­der am Wirt­schafts­le­ben teil­neh­men zu können.

BFH vom 20. Juni 2023, VII R 22/19

BFH Urteil vom 20.6.2023 – VII R 22/​19

Vor­aus­set­zun­gen einer Insolvenzanfechtung

Das Urteil des BFH befasst sich mit den Vor­aus­set­zun­gen einer Insol­venz­an­fech­tung. Es geht um einen Fall, in dem der Insol­venz­ver­wal­ter eines ver­stor­be­nen Schuld­ners, der ein Unter­neh­men führ­te und Steu­er­erklä­run­gen nicht abge­ge­ben hat­te, Anfech­tungs­an­sprü­che gegen das Finanz­amt gel­tend mach­te. Der Schuld­ner hat­te zuvor Steu­er­erstat­tungs­an­sprü­che gegen Lohn­steu­er­for­de­run­gen des Finanz­amts auf­ge­rech­net. Der BFH beur­teil­te, ob die­se Auf­rech­nun­gen anfecht­bar waren. Hier­bei wur­den spe­zi­fi­sche recht­li­che Aspek­te wie das Vor­lie­gen von Gläu­bi­ger­be­nach­tei­li­gungs­vor­satz und die Kennt­nis des Finanz­amts hier­von dis­ku­tiert. Der Fall zeigt kom­ple­xe Inter­ak­tio­nen zwi­schen Insol­venz­recht, Steu­er­recht und den spe­zi­el­len Umstän­den des Falls.

FAKT Real Estate GmbH - Insolvenzeröffnung

FAKT Real Estate GmbH – Insolvenzeröffnung

Insol­venz­ver­fah­ren eröffnet

Am 20.12.2023 wur­de um 10:58 Uhr das Insol­venz­ver­fah­ren über das Ver­mö­gen der

FAKT Real Estate GmbH, Hut­tropstr. 60, 45138 Essen,
gesetz­lich ver­tre­ten durch die Geschäfts­füh­rer Herrn Ste­phan Kün­zer und Herrn Dirk Karl Buttler,

eröff­net.

Den Beschluss fin­den Sie hier:  FAKT Real Estate GmbH – Insol­venz­er­öff­nung (784 Downloads ) 

Zum Insol­venz­ver­wal­ter wird ernannt:

Rechts­an­walt Dr. Gre­gor Bräu­er, Ber­li­ner Allee 44, 40212 Düs­sel­dorf.

For­de­run­gen der Insol­venz­gläu­bi­ger sind bis zum 11.02.2024 unter Beach­tung des § 174 InsO beim Insol­venz­ver­wal­ter anzumelden.

Mög­li­cher­wei­se wer­den bald Kün­di­gun­gen ausgesprochen.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen erhal­ten sie über die Inter­net­sei­te insol​venz​be​kannt​ma​chun​gen​.de

Bera­tung zur Insolvenz 

Die Kanz­lei THOLL berät Sie in allen Fra­gen des Insol­venz­rechts und Arbeitsrechts

Insol­venz­an­mel­dung
For­de­rungs­an­mel­dung
Arbeits­recht in der Insol­venz

Insol­venz­an­fech­tung

Herr Rechts­an­walt Dirk Tholl ist Fach­an­walt für Insol­venz- und Arbeits­recht. Tel: 0201.1029920

Insolvenz

xen­dis Ver­sand­lo­gis­tik GmbH – Kündigungen

 

Insol­venz­ver­fah­ren eröffnet

Am 01.01.2023 wur­de um 10:00 Uhr das Insol­venz­ver­fah­ren über das Ver­mö­gen der xen­dis Ver­sand­lo­gi­sik GmbH, Ernst-Diet­rich-Platz 2, 40882 Ratin­gen eröffnet.

Den Beschluss fin­den Sie hier: xen­dis Ver­sand­lo­gis­tik GmbH – Insol­venz­er­öff­nung (2473 Downloads ) 

Zum Insol­venz­ver­wal­ter wird ernannt Rechts­an­walt Dr. Mar­kus Kier, Will­stät­ter­stra­ße 62, 40549 Düs­sel­dorf.

For­de­run­gen der Insol­venz­gläu­bi­ger sind bis zum 03.02.2023 unter Beach­tung des § 174 InsO beim Insol­venz­ver­wal­ter anzumelden.

Wie wir erfah­ren haben, wer­den bereits die ers­ten Kün­di­gun­gen ausgesprochen.

Bera­tung

Die Kanz­lei THOLL berät Sie in allen Fra­gen des Insol­venz- und Arbeits­rechts. Herr Rechts­an­walt Dirk Tholl ist Fach­an­walt für Insol­venz- und Arbeits­recht. Tel: 0201.1029920

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Urteil im Insolenzrecht

Asset Pro­tec­tion als Ver­mö­gens­schutz und Absi­che­rung der Fami­lie im Insolvenzverfahren

Die­ser Arti­kel beschreibt die gesetz­li­chen Mög­lich­kei­ten des Ver­mö­gens­schut­zes, um die­ses von einer durch Haf­tung gefähr­de­ten Per­son recht­lich zu tren­nen, um die­se zukünf­tig einem Gläu­bi­ger­zu­griff zu ent­zie­hen (Asset Pro­tec­tion). Bedeu­tung bekom­men die­se Über­le­gun­gen, wenn die zukünf­ti­ge Inan­spruch­nah­me des Schuld­ners mög­li­cher­wei­se durch Gläu­bi­ger oder Insol­venz­ver­wal­ter droht. 

Wenn der Schuld­ner jedoch kein zu ver­tei­len­des Ver­mö­gen mehr besitzt, ist ein Zugriff weder im Wege der Voll­stre­ckung noch durch den Insol­venz­ver­wal­ter im Insol­venz­ver­fah­ren mög­lich.

Wel­che Arten der Ver­mö­gens­si­che­rung sind möglich:

Lega­le Möglichkeiten

Ver­mö­gens­über­tra­gun­gen

vor­weg­ge­nom­me­ner Erbfolge

Schutz des Familienheims

Ver­zicht auf Rechte

Güter­stands­schau­keln

Bezugs­rech­te an einer Lebensversicherung

Fami­li­en­stif­tung

Grün­dung einer Per­son- oder Kapitalgesellschaft

Rechts­wid­ri­ge Modelle

Rechts­wid­ri­ge Vermögenstransaktion

Ein­tra­gung nicht valu­tie­ren­de Eigentümergrundschulden

Urteil im Insolenzrecht

Erzwin­gungs­haft im eröff­ne­ten Insolvenzverfahren

Die Fall­kon­stel­la­ti­on

Das Land­ge­richt Stutt­gart hat sich mit der Fra­ge befasst, ob im Buß­geld­ver­fah­ren eine Erzwin­gungs­haft gemäß § 96 Abs. 1 OWiG zuläs­sig ist, wenn das Insol­venz­ver­fah­ren über das Ver­mö­gen des Betrof­fe­nen eröff­net wor­den ist.

LG Stutt­gart, Beschl. v. 10.06.2020 – 9 Qs 29/​20

Umstrit­te­ne Fra­ge der Erzwin­guns­haft im Insolvenzverfahren

Nach der Ent­schei­dung des Land­ge­richts Stutt­gart ist die Voll­stre­ckung eines Buß­geld­be­schei­des im lau­fen­den Insol­venz­ver­fah­ren gemäß den §§ 89 Abs. 1, 294 Absatz 1 InsO unzu­läs­sig, da das Voll­stre­ckungs­ver­bot des §§ 89 Absatz 1 InsO die Voll­stre­ckung vor Insol­venz­er­öff­nung ent­stan­de­ner Buß­geld­for­de­run­gen mit umfasst. Die Auf­fas­sung des Land­ge­richts Stutt­gart ist, dass § 96 OWiG kei­ne gegen­über insol­venz­recht­li­chen Nor­men vor­ran­gi­ge Son­der­re­ge­lung dar­stellt. Die Zulas­sung der Voll­stre­ckung von vor Insol­venz­er­öff­nung voll­streck­bar gewor­de­nen Geld­bu­ßen gemäß § 96 OWiG läuft daher dem Wort­laut, der Sys­te­ma­tik und der Ziel­set­zung des Geset­zes zuwi­der. Denn § 96 OWiG ist eine Zwangs­voll­stre­ckungs­maß­nah­me im Sin­ne des §§ 89 InsO, kein Beu­ge­mit­tel zur Erzwin­gung der Zah­lung einer Geldbuße.

Ergeb­nis

Die Fra­ge ist umstrit­ten. Das Land­ge­richt Stutt­gart folgt mit sei­ner Ent­schei­dung zahl­rei­chen ande­ren Gerich­ten (vgl. z.B. Land­ge­richt Duis­burg, Beschluss vom 04.06.2014). Zahl­rei­che Stim­men in der Lite­ra­tur und Recht­spre­chung (vgl. Land­ge­richt Pots­dam, in NZI 2016, 652) spre­chen sich jedoch dage­gen aus und sehen in der Erzwin­gungs­haft kei­ne Maß­nah­me der Zwangs­voll­stre­ckung. Folgt man die­ser Rechts­auf­fas­sung wäre im lau­fen­den Insol­venz­ver­fah­ren eine Erzwin­gungs­haft zulässig.Es hängt daher von der Rechts­auf­fas­sung des jewei­li­gen Gerich­tes ab, wie die Ent­schei­dung in einem ent­spre­chen­den Fall ausfällt.

zuletzt aktua­li­siert:

Pri­va­te Kran­ken­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge und Restschuldbefreiung

Die Fall­kon­stel­la­ti­on

Das Insol­venz­ver­fah­ren wur­de über das Ver­mö­gen des Schuld­ners eröff­net. Nach Eröff­nung zahl­te der Schuld­ner sei­ne pri­va­ten Kran­ken­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge nicht. Nach erteil­ter Rest­schuld­be­frei­ung ist der Schuld­ner der Auf­fas­sung, dass die nach Eröff­nung ent­stan­de­nen pri­va­ten Kran­ken­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge von der Rest­schuld­be­frei­ung umfasst sind. Zu Recht?

OLG Köln, Beschluss v. 19.02.2020 – 9 U 233/​19